Die Ausstellung imMuseum unter Tage widmet sich einer ganz traditionellen Grundlage künstlerischen Schaffens: der Zeichnung! Stift zücken und los: Blümchen hat jeder schon mal auf Geburtstagskarten gekritzelt – im Alltag eine flotte Ausdrucksform. Im Kunstkontext spielt die Zeichnung eine bedeutende Rolle und kann vieles sein: „Skizze, Entwurf, Konzept, Studie, Diagramm, Kontur, Krakelei, Karikatur, visuelle Notiz oder ausgearbeitetes Kunstwerk“, zählt der Ausstellungstext auf.
Das Museum unter Tageversammelt rund 120 Werke von 82 Künstlern und Künstlerinnen vom späten 18. Jh. bis heute – darunter etliche Landschaftsmotive, Sammlungsschwerpunkt der Stiftung Situation Kunst, aus dessen Fundus ein Großteil der Werke stammt. Aber auch Figürliches und Abstraktes aller Couleur, große Namen wie Grosz, Beuys, Kricke, Darboven, Serra neben selten Gezeigtem aus dem 19. Jh., einst mit Pastell, Tusche, Blei- oder Farbstiften aufs Papier gezaubert, oft im griffigen To-go-Format. Zeitgenössische Werke sind dagegen oft nicht nur Flachware, sondern spielen mit Raum und Räumlichkeit. Sie entstehen mit modernen Medien zu persönlichen, mitunter politischen Themen und loten den Zeichnungsbegriff stetig neu aus. Die Präsentation gewährt erste Einblicke in die große Bandbreite der Ideen und Möglichkeiten aus 250 Jahren.
Die Hängung ist klassisch, teils chronologisch: Bild neben Bild in maßvollem Abstand mit Werketikett, mitunter QR-Code zum Audioguide von Studierenden der RUB; die Ausstellung dient wie immer auch der kunstgeschichtlichen Ausbildung der nächsten Kuratorengeneration. Von frühen Pleinair-Studien, expressiven Porträts und frechen Akt-Skizzen geht es über zu geometrischen Raumauslotungen, zu Linien oder gar Schnüren, die auch mal aus dem Rahmen heraus über Wände laufen. Manches ist meditativ, anderes spontan und gestisch hingehuscht oder präzise seriell ausgeführt. Neuestes digital collagiert oder mit Hingabe händisch gestrichelt. Die aktuellste Arbeit entstand direkt vor Ort in der hintersten Ecke des Ausstellungstraktes: Lada Nakonechna gestaltete eine komplette Raumecke deckenhoch mit Grafit. Von fern wirkt die Grauschattierung wie gemalt und verwandelt die Ecke in den Falz eines aufgeschlagenen Buchs. Die Nahsicht offenbart: akribisch gezeichnet, Strich für Strich.
Zeichnung: Idee – Geste – Raum | bis 27.4.25 | Museum unter Tage, Bochum | 0234 322 85 23
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