Montag, 13. Februar: Das Jahr 2016 war hinsichtlich der Qualität deutschsprachiger Kinoproduktionen ein herausragendes Jahr. Davon zeugt nicht zuletzt der Siegeszug, den Maren Ade mit „Toni Erdmann“ angetreten hat und der in wenigen Tagen bei der Oscar-Verleihung seinem Höhepunkt entgegen steuert. Am Rande der Berlinale standen nun aber traditionell zunächst wieder die „Preise der Deutschen Filmkritik“ an, die vom Verband der Deutschen Filmkritik seit mittlerweile mehr als 60 Jahren ausschließlich von Filmkritikern und nur im Hinblick auf künstlerische Gesichtspunkte vergeben werden. Verbands-Geschäftsführer Frédéric Jaeger betonte am Abend der Verleihung in seiner Ansprache: „Wir bilden in den zwölf Kategorien eine wahnsinnige Kinolandschaft ab, mit großartigen Nominierten und den verschiedensten Genres und Filmtypen.“ Natürlich zählte auch hier „Toni Erdmann“ zu den großen Favoriten, da er es auf insgesamt sechs Nominierungen brachte. Dass er sich in einigen der wichtigsten Kategorien anderen Filmen geschlagen geben musste, zählte zu den großen Überraschungen für die zahlreichen Gäste in der Tube Station in Berlin. Nichtsdestotrotz erhielt Maren Ade die Auszeichnung für das beste Drehbuch, die ihr Produzent Jonas Dornbach anstelle der Autorenfilmerin entgegen nahm. Kurz danach wurde auch Ades Editorin Heike Parplies der „Preis der Deutschen Filmkritik“ für den besten Schnitt zugesprochen. Parplies sagte in ihrer Dankesrede: „Die Präzision ist das ganz Besondere in allen Bereichen des Films, was mir viel Material beschert hat und weswegen sich diese Präzision dann auch im Schnitt fortsetzen musste.“
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Emotionaler Höhepunkt des Abends war die Verleihung des Ehrenpreises an die ehemalige DEFA-Dokumentarfilmregisseurin Helke Misselwitz, die noch zu Zeiten des geteilten Deutschlands freundschaftlich mit Karola Gramann und Heide Schlüpmann von der Kinothek Asta Nielsen in Frankfurt am Main verbunden war und sich die beiden Damen deswegen als ihre Laudatorinnen gewünscht hatte. Gramann und Schlüpmann unterstrichen in dieser Laudatio dann die Bedeutung der Rolle und Situation der Frauen in den Werken von Helke Misselwitz und plauderten auch über einige nicht zustande gekommene Filme der Regisseurin, wie beispielsweise eine Dokumentation über die Frankfurter Großmarkthalle. Rhetorisch stellten sie die Frage in den Raum: „Wie viele Projekte magst Du nicht realisiert haben können?“ und forderten eine durch die Republik tourende Retrospektive der Arbeiten von Misselwitz ein, die „ein Geschenk für uns und die Ehrenpreisträgerin wäre“. Misselwitz selbst sagte anschließend, dass die Laudatio in ihr wieder Dinge wachgerufen habe, die sie schon fast vergessen hatte. Sie würde das nun als Aufforderung verstehen, sich den Filmen wieder anzunehmen, die bislang noch immer auf dem Papier ruhen.
In den Darstellerkategorien konnte sich Josef Hader als Stefan Zweig in Maria Schraders „Vor der Morgenröte“ gegen seinen schärfsten Konkurrenten, Peter Simonischek in der Titelrolle des „Toni Erdmann“, durchsetzen. Stellvertretend für den Schauspieler nahm Maria Schrader dessen Preis entgegen und kommentierte das mit den Worten: „Ich finde es großartig, hier und heute die Gelegenheit zu haben, zu sagen, dass Josef Hader das Rückgrat dieses Films war. Ich danke ihm für sein Vertrauen in mich und das Projekt, für sein unglaubliches Können, seine Sensibilität und sein Durchhaltevermögen.“
Auch bei Sandra Hüller blieb es für ihre Darstellung in „Toni Erdmann“ bei einer Nominierung für den „Preis der Deutschen Filmkritik“, die Auszeichnung selbst erhielt Lilith Stangenberg für „Wild“. Auf der Bühne dankte sie nicht nur ihrer Regisseurin Nicolette Krebitz, sondern auch ihrem Spielpartner im Film, dem Wolf. „Er hat mich dazu getrieben, ohne Hintergedanken und mit einer großen Wahrhaftigkeit zu spielen, weil er mir nicht vertraut hat, wenn ich zu nervös war oder neben mir stand, und die Szene dann nicht funktionierte“, so Stangenberg. Der Hauptpreis des Abends für den besten Spielfilm des Jahres 2016 ging dann aber doch wieder an „Toni Erdmann“, der laut Jurybegründung zwar „eigenständig ist, aber dennoch an die Komödientradition von Billy Wilder und Ernst Lubitsch anknüpft.“ Sandra Hüller, die in diesem Fall den Preis stellvertretend für Maren Ade entgegennahm, betonte, „dass der Film international nicht so gut funktionieren würde, wenn die deutsche Filmkritik nicht so gut über ihn geschrieben hätte.“ Sämtliche Preisträger und Jurybegründungen des Abends finden sich auch online unter www.vdfk.de.
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