Mittwoch, 9. November: Einmal im Jahr kommen die Betreiber der engagiertesten Programmkinos in Nordrhein-Westfalen zusammen, um die von der Film- und Medienstiftung NRW ausgelobten Kinoprogrammpreise für das beste und vielseitigste Programm des Vorjahres in Empfang zu nehmen. Im 25. Jubiläumsjahr der Filmstiftung kam es im Kölner Gloria-Theater zur 26. Kinoprogrammpreisverleihung, bei der 68 NRW-Kinos mit insgesamt 430.000 Euro Fördergeldern bedacht wurden.
Wie schon in den Vorjahren zählten auch 2016 vier Kinobetreiber aus der Köln-Bonner Region zu den Spitzenprämiengewinnern des Jahres: Joachim Kühn und Dirk Steinkühler wurden für die Filmpalette am Eigelstein 16.000 Euro zugesprochen, Ulli Klinkertz und Sigrid Limprecht nahmen für das Kino in der Brotfabrik in Bonn 15.000 Euro in Empfang. Das dritte mit einer Spitzenprämie bedachte Kino in NRW war das von Holger Lüsch geleitete Cinema in Münster (15.000 Euro).
Aber auch zahlreiche Kinos aus dem Ruhrgebiet schafften es mit ihren abwechslungsreichen Programmen aus deutschen und europäischen Filmen beziehungsweise ihrem reichhaltigen Kinder- und Jugendfilmangebot aufs Siegertreppchen: Prämiert wurden am Abend auch das endstation.Kino in Bochum (10.000 Euro Programmprämie; 3.000 Euro Jugend- und Kinderprogrammprämie), das sweet.Sixteen-Kino im Depot Dortmund (9.000 Euro Programmprämie; 3.000 Euro Jugend- und Kinderprogrammprämie), das Filmstudio Glückauf Essen (9.000 Euro), das Astra & Luna in Essen (8.000 Euro), das Eulenspiegel Essen (7.000 Euro Programmprämie; 3.000 Euro Jugend- und Kinderprogrammprämie), die Lichtburg Oberhausen (4.000 Euro Programmprämie; 5.000 Euro Jugend- und Kinderprogrammprämie), das Metropolis Bochum, die Schauburg Gelsenkirchen und das Roxy Dortmund (jeweils 6.000 Euro), die Galerie Cinema Essen (5.000 Euro), das Onikon in Herdecke (3.000 Euro Programmprämie; 3.000 Euro Jugend- und Kinderprogrammprämie), das Rio Filmtheater in Mülheim a.d. Ruhr und das Casablanca Bochum (jeweils 5.000 Euro), die Camera in Dortmund, die Schauburg in Dortmund und das Hagener Babylon (jeweils 4.000 Euro), das Kino im Walzenlager Oberhausen und die Lichtburg Wetter (3.000 Euro) und das Filmforum Duisburg, das einen Sonderpreis erhielt.
Traditionell ist die Kinoprogrammpreisverleihung aber keine dröge Urkundenvergabezeremonie, sondern auch eine Vorschau auf kommende Kinoattraktionen, bei denen Regisseure und Schauspieler ihre neuen Werke vorstellen und gleichzeitig für die Kinobetreiber als Paten fungieren. In diesem Jahr war dafür beispielsweise das Team von „Radio Heimat“ zu Gast. Regisseur Matthias Kutschmann erläuterte im Gespräch mit dem vom WDR bekannten Moderator Ingo Schmoll, dass es durchaus schwierig war, für seinen Film die Ruhrgebietszeit der 60er und 80er Jahre zu rekonstruieren: „Viele der Originallocations sind schon größtenteils abgebaut, da musste viel gestrichen und nachgebaut werden.“ Gleichwohl fiel es den Darstellern leicht, in diese längst vergangenen Tage wieder einzutauchen. Stephan Kampwirth erzählte: „Das, was da im Film passiert, habe ich damals selbst erlebt! Das alles war erschreckend nah dran an meiner eigenen Jugend.“
Auch für seine Filmpartnerin Sandra Borgmann war der Dreh von „Radio Heimat“ etwas ganz Besonderes: „Das war für mich in der Tat ein sehr heimatlicher Film, weil er mich an Orte zurückführte, die ich mit meiner eigenen Kindheit verbinde.“ Ähnliche Erfahrungen machte auch Kultregisseur Sönke Wortmann, der Mitte nächsten Jahres eine weitere Frank-Goosen-Verfilmung in die Kinos bringen wird. Am Abend zeigte er erste Ausschnitte aus „Sommerfest“, der sich derzeit im Rohschnitt befindet. „Das wird vielleicht mein persönlichster Film seit „Kleine Haie“, denn es ist ein richtiger Heimatfilm geworden, und ich bin ja auch ein Kind des Ruhrgebiets“, kommentierte der Regisseur.
Neben den 68 Kinos wurden im Rahmen der Feierlichkeiten auch noch vier Einzelleistungen prämiert. Zum ersten Mal fand in diesem Jahr in Köln die Verleihung der Siegfried-Kracauer-Preise statt. Ein einjähriges Stipendium in Höhe von 12.000 Euro ging dabei an Patrick Holzapfel für seine sechsteilige Artikelserie „Zukunft des Kinos“; der mit 3.000 Euro dotierte Preis für die beste Filmkritik wurde Ekkehard Knörer für seine Rezension zum Film „Wild“ von Nicolette Krebitz zugesprochen. Damit konnte man auch elegant den Bogen schlagen zu den diesjährigen Preisträgerinnen des „Herbert-Strate-Preises“, der ebenfalls an zwei äußerst erfolgreiche Regisseurinnen ging: Maria Schrader („Vor der Morgenröte“) und Maren Ade („Toni Erdmann“).
Die Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung NRW, Petra Müller, ernannte 2016 deswegen zum „Jahr der Frauen“, obwohl eine am gleichen Tag veröffentlichte Studie nach wie vor belegt, dass weibliche Filmemacherinnen stark unterrepräsentiert sind. Sowohl Schrader als auch Ade haben nicht nur glänzende Kritiken geerntet und zahlreiche Zuschauer in die Kinos gelockt, sie können sich für Österreich respektive Deutschland nun auch Hoffnungen auf eine Nominierung zum Oscar für den „besten fremdsprachigen Film“ des Jahres 2016 machen.
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