Otto (Stefan Walz) hat die erste missglückte Kopulation mit Ehefrau Hilde (Maresa Lühle) beendet und muss maulend im zweiten Loch zur Selbstbefriedigung greifen, da schnellt auch schon der Schachtelteufel Fritz aus dem dritten Loch. Der Exhibitionist kommt aus dem Gefängnis, muss ständig Psychopharmaka schlucken und ist dankbar als gärtnerische Hilfskraft bei Schwester und Schwager unterzukommen. Wer noch nicht weiß worum es geht: Das schier zeitlose Stück „Der Drang“ von Franz Xaver Kroetz im Wuppertaler Theater am Engelsgarten zelebriert das Leben in der Friedhofsgärtnerei im Wuppertaler Theater am Engelsgarten eben auf einer dünnen Torfschicht mit vier Löchern. Regisseur Peter Wallgram hat es im Großen und Ganzen beim volkstümlichen Ur-Fritz belassen, zu viel Klamauk schadet, denn hier gibt es am Schluss keine Gewinner, nur Opfer oder besser Verlierer.
Fritz unter Dauerdrogen, die den Trieb lahmlegen, hat da nicht nur die notgeile Floristin Mitzi (Philippine Pachl) am Hals, auch Schwager Otto interessiert sich für seine scheinbar endlose Lust, wenn er keine Pillen nehmen würde. Fritz (grandios demütig: Konstantin Rickert) ist das erste Opfer, wenn man die marode Ehe des Gärtnerehepaares mal weglässt. Er wehrt sich anfangs noch, versucht sich zu rechtfertigen, zu entschuldigen, doch das Stigma des Triebtäters wird der Burschi in der Trachtenhose nicht loswerden. Er wird erpresst, gedemütigt und gequält, dass es für die anderen eine Lust ist – als Notlüge mutiert er sogar zum Sadisten. Das Leben hinterm Friedhof eskaliert, als Otto Mitzi zur lustschreienden Konkubine macht und mehrfach im vierten Bodenloch penetriert, sehr zum Leidwesen der abgesägten Gattin, die auf Rache sinnt – schließlich hat Gott ein wachsames Auge. Doch was er sähe, wäre nur das zivilisatorische Ende der beteiligten Personen und vielleicht einen versuchten Mord, denn Hilde verprügelt Mitzi und stößt sie in ein offenes Grab. Otto entdeckt scheinbar neue Gefühle für seine nackte Gattin, die ihm nun wieder willig den Hintern hinhält. Mitzi überlebt, Fritz flüchtet und so kehrt die Ordnung wieder ein in eine marode Welt, die nur scheinbar bajuwarisch ist.
„Der Drang“ | R: Peter Wallgram | Sa 4.5. 19.30 Uhr, So 5.5. 16 Uhr, Fr 7.6. 19.30 Uhr | Theater am Engelsgarten | 0202 563 76 66
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