Glaubt man Umfragen, dann sind nahezu alle Kinobesucher der Auffassung, dass es im Kino längst Beamer gibt und die 35 mm-Kopie aus Zelluloid nur noch eine kinematographische Reminiszenz darstellt. Aber falsch gedacht: Noch immer kommt jeder Film (heute allerdings aus Polyester) mit einem Gewicht von rund 25 kg in die Kinos und wird aus 7 oder mehr Teilen (Akten) zusammengeklebt, damit in 90 Minuten rund 2,5 km aneinander gereihte Einzelbilder 24 mal pro Sekunde aufflackern. Pro Jahr werden rund 50 Millionen Kopien von Kinofilmen allein für Deutschland hergestellt, bei Kosten von rund 1.000 € pro Kopie eine beträchtliche Summe für die Herausbringung von Filmen.
Tarifverhandlungen
Da die Kopienkosten letztlich vom Produzenten zu tragen sind, haben sich die großen Hollywood-Studios vor einigen Jahr zu Digital Cinema Initiative (DCI) zusammengeschlossen, um ein geordnetes Umrüsten der Kinos voranzutreiben. Dabei geht es um Macht und Geld. Die Studios erhoffen sich durch die Digitalisierung nicht nur enorme Einsparungen, sondern erhöhte Sicherheit bei der Piraterie, genauere Überwachung, wie ihre Filme im Kino eingesetzt werden und auch eine optische Verbesserung des Bildes, da die digitalen Kopien nicht altern. Kosten auf Seiten der Verleiher: etwa 10% der bisherigen Kosten. Auf Kinoseite muss eine Investition in Höhe von mindestens 70.000, teilweise bis zu 100.000 € pro Saal getätigt werden, damit der Geschäftspartner Verleih seine Einsparung realisieren kann. Aus diesem Grund fordern die Kinos einen Teil der eingesparten Summe, um die Technik in ihren Häusern überhaupt einbauen zu können. Die sich damit erschließenden zusätzlichen Möglichkeiten, andere Inhalte (Liveübertragungen, Konzertmitschnitte, PC-Spiele, PC- und DVD-Projektionen usw.) auszuwerten, irritieren wiederum die Verleiher, die ihre Leinwand-Exklusivität fürchten. Schon heute sorgen Live-Mitschnitte der MET aus New York für lange im Voraus ausverkaufte Vorstellungen. Die Verhandlungen über das Geschäftsmodell dauern nun schon recht lange an und haben den Charakter von Tarifverhandlungen: Die Positionen sind weit auseinander.
Rettung in 3D?
Gleichwohl wird die Digitalisierung kommen. Um für den Besucher einen wahrnehmbaren Mehrnutzen zu erzeugen, haben die Studios die erste Regisseurriege beauftragt, das digitale Trojanische Pferd zu bauen: Peter Jackson, George Lucas, James Cameron, Robert Zemeckis und andere produzieren große Stoffe in 3D. Will man die nachweislich höheren Umsätze gegenüber der flächigen Variante haben, muss man eben ohne Unterstützung der Verleiher in die neue Technik investieren. Und die ist dann natürlich auch für die normale Spielfilmauswertung zu nutzen.
Noch sind in Deutschland rund 100 Kinosäle mit der erforderlichen Technik ausgestattet. Diese umfasst einen hochauflösenden Projektor und Server, die die verschlüsselten, auf Festplatten angelieferten Filme auf die Leinwand bringen. Bis zur Vollumrüstung wird es aber noch gut fünf Jahre dauern. Mit der Projektion in Bits und Bytes bricht ein neues Zeitalter der Programmierung, des Marketings und der kompletten Philosophie des Kinos an. Das erfordert Mut, Weitblick und unternehmerische Fähigkeiten, wie sie bislang nicht überall zu finden sind. Insofern stellt der Austausch der Projektionstechnik die größte Revolution seit Einführung des Tonfilms dar.
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