Mit ihrer 48. Ausgabe ist die Duisburger Filmwoche schon lange eine Institution für den Dokumentarfilm geworden. Unter dem Motto „Entferntes Sortieren“ präsentiert die diesjährige Ausgabe des Festivals im Filmforum Duisburg rund 25 Dokumentarfilme. Dazu gehört auch wieder das Festival Doxs! mit einem Dokumentarfilmprogramm für Kinder und Jugendliche. Doch was die Duisburger Filmwoche zeigt, sind weniger die vorportionierten, konventionellen Dokumentarfilme, die wir aus dem Fernsehen kennen, wo uns eine freundliche Stimme aus dem Off die Narration vorträgt, damit wir dem Inhalt so auch noch beim Daddeln auf dem Handy verfolgen können. Vielmehr sind es offenere Formen des Dokumentarfilms – Formen, die beobachten, nur vorsichtig einordnen und manchmal ihr Publikum auch bewusst mit Fragen zurücklassen. Festival-DNA sind dabei auch Mischformen des Dokumentarischen, also Filme, die sich zwischen dem Fiktionalen, dem Dokumentarischen oder aber dem persönlich Essayistischen bewegen und unseren Blick auf Film weiten.
Vom 4. bis zum 10. November holt die Filmwoche Perspektiven aus Kiew, Moskau, Teheran, Nairobi oder Washington auf die Leinwand. Perspektiven, die von Menschen handeln, die Verbindung stiften und Entfernungen überbrücken wollen und sich solidarisch zueinander verhalten. So beispielsweise die Weltpremiere von „Dom“, der das Leben russischer Oppositioneller in der georgischen Diaspora einfängt und aufzeigt, wie die jungen Aktivist:innen sich selbst beim gemeinsamen Wohnen, in Demonstrationen gegen die russische Regierung oder in der Unterstützung anderer gefährdeter Oppositioneller unterstützen, während ihr persönlicher Kampf, irgendwo anzukommen, kaum zu gewinnen ist. Dabei versteht sich die Filmwoche auch als Diskussionsforum. Statt einem kurzen Q&A im Saal wird das Publikum nach jedem Film zu einer Podiumsdiskussion mit den Filmemacher:innen im Nebensaal eingeladen, um über den Film zu reflektieren und darüber zu sprechen, wie und warum die Filmemacher:innen die Welt im Film so sortiert haben und wie das Publikum die Welt sortieren würde, so Festivalleiter Alexander Scholz.
Weiter geht‘s am 20. November in Bochum mit dem Blicke – Filmfestival im Endstation Kino. Als „Filmfestival des Ruhrgebiets“ hat sich Blicke Filme mit lokalem Bezug zum Pott auf die Fahnen geschrieben. Neben experimentellen oder essayistischen Beiträgen und Spielfilmen steht auch hier der Dokumentarfilm im Fokus. In diesem Jahr vor allem in der Auseinandersetzung mit dem ehemaligen Hartz IV und der Sozialhilfe. Ein Thema, das auch in Zeiten von Bürgergeld und der Stigmatisierung durch das Klischee des faulen Arbeitslosen leider immer noch sehr aktuell ist. Zu viele traurige Parallelen zeigen drei Videobeiträge aus den 1990er Jahren, die die soziale Realität von Arbeitslosen beleuchten. Unter dem Titel „Abschied von Hartz IV: Eine filmische Aufarbeitung“ geht es auch beim diesjährigen Themenprogramm am 24.11. um soziale Realitäten von Leistungsempfänger:innen. Zu Gast sind vier Regisseur:innen, die sich in ihren Beiträgen an der diskriminierenden Darstellung von Hartz IV-Empfänger:innen abarbeiten. Neben diesem Themenfokus gibt‘s natürlich auch wieder ein vielfältiges Wettbewerbsprogramm inklusive Preisverleihung und Werkstattgesprächen.
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