Es ist schon länger her, dass das Werk des Mönchengladbacher Künstlers Thomas Virnich in einer institutionellen Einzelausstellung zu sehen war. 1957 in Aachen geboren, seit seiner Einladung zur documenta 1987 über Deutschland hinaus etabliert und seit langem Professor an der Kunstakademie Braunschweig, ist Virnich vor allem für seine einzigartigen Skulpturen bekannt. Er bearbeitet, überarbeitet Fundstücke aus Holz, Sperrholz oder Pappe, ergänzt sie filigran zur gegenständlichen Miniatur, setzt dazu auch Farbe, umbaut sie und entlockt ihnen eine Geschichte, welche die Erfahrung von Welt konzentriert.
Seine Skulpturen bestehen aus vielen Teilen, die ineinander verschachtelt sind, die sich zerlegen, aber auch als Form wie ein Kasten schließen lassen. In dieser Vorstellung der Verwandlung schwingt die Idee von gebauter Architektur mit, und es ist konsequent, dass sich Virnich auch der Baukunst als Zitat zugewandt hat. Er hat – detailgetreu – Meisterwerke aus der Geschichte der Architektur im handlichen Format nachgebaut und die Fassaden in der Gestaltung verzerrt; weiter gegangen ist er bei der knappen plastischen Skizzierung der Gebäude des Ortes, an dem er in einem alten Schulhaus lebt und arbeitet. Dass die Kunst von Thomas Virnich einen ganzen Kosmos als Einheit des Seins beschreibt, dass dies ernst und witzig, klar strukturiert und unabsehbar, immer an der Grenze zum Chaos, aber genau das nicht ist… all das verdeutlicht nun die wunderbare, das Werk seit den frühen 80er Jahren umfassende Ausstellung in drei Räumen im Museum DKM.
Sie lag insofern nahe, als die Sammler Dirk Krämer und Klaus Maas etliche Werke von Virnich besitzen; zwei sind derzeit auch in der ständigen Sammlung ausgestellt. Und dass diese Ausstellung in unmittelbarer Nähe zum LehmbruckMuseum, diesem wichtigen Ort für Skulptur stattfindet, ist genauso glücklich wie der Umstand, dass am Kuhtor eine monumentale Virnich-Skulptur aus Stahlplatten und Backsteinen, in Verbindung mit Wasser, zu sehen ist, die „Schiffsmasken“: Mit der Kenntnis der Ausstellung bei DKM macht sie nochmal soviel Spaß.
„Thomas Virnich – Die Welt am Kleiderhaken“ | bis 25.8. | Museum DKM in Duisburg | 0203 93 55 54 70
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