Am Museum Folkwang steht die Verabschiedung von Ute Eskildsen, der Kuratorin für Fotografie, bevor. Mit Chris Killip stellt sie derzeit einen vorzüglichen britischen Fotografen zwischen Dokumentation und Sozialkritik aus, der in Deutschland gar nicht so bekannt ist, wie er es verdient hätte. Und nun hat Ute Eskildsen noch eine zweite Schau eingerichtet, aus den Beständen der Fotografischen Sammlung am Haus, die seit 1968 entsteht und von ihr wesentlich mit zusammengetragen wurde. Diese Kenntnis spürt man nun allenthalben und sie führt dazu, dass die Ausstellung ein hoher Genuss ist.
Enzyklopädisches Wissen und Einfühlungsvermögen treffen zusammen. Gegenstand der Ausstellung nun ist der Mensch als bildnerisches Sujet; zugleich werden dingbezogene Fotografien gezeigt, die den Radius des Alltäglichen und Besonderen im Leben des Menschen definieren. Ute Eskildsen legt dabei zwischen den Fotografen, Fotografien und Motiven subtile Verbindungslinien frei und stellt dazu selbst auf eine assoziative Weise Bezüge her, ohne je in die Gefahr des Illustrativen zu geraten.
Es liegt natürlich nahe; ein zentrales Motiv dieser Ausstellung ist das Selbstporträt. Immer wieder taucht es in dieser Ausstellung, die weniger auf Werkgruppen als überwiegend auf einzelne Meisterwerke der s/w- und Farbfotografie setzt, an verschiedenen Orten auf. Und es führt zu einem eigenen zentralen Raum einzig mit diesem Motiv, welches hier nun auch in einer freien, intermedial agierenden Kunst wiederkehrt, etwa mit Selbstporträts von Arnulf Rainer und Martin Kippenberger. Ein weiteres Motiv sind die Porträts bekannter Persönlichkeiten – auch dafür gibt es in der Essener Ausstellung hinreichend großartige Beispiele. Stefan Moses hat Käthe Kruse fotografiert; Lotte Jacobi die Weill-Sängerin Lotte Lenya; Irving Penn Alberto Giacometti; Henri Cartier-Bresson Ezra Pound; Helmut Newton Anita Ekberg. Die Reihe ließe sich fortsetzen. Und dann gibt es die Aufnahmen alltäglicher Menschen, in ihrem urbanen Kontext; ausgestellt sind Beispiele, die besonderen Perspektiven folgen, etwa die Subway-Portraits von Walker Evans; die NYC-Bus-Fotos von Robert Frank oder die Menschen im Fahrstuhl von Heinrich Riebesehl. Damit kommt die lokale Umgebung weiter ins Spiel, schließlich vermag sie den Menschen selbst zu repräsentieren, denken wir, in der Ausstellung, an Willi Moegles Motorraum eines Mercedes Benz (1952) oder an Lewis Baltz’ „Galveston“ (1973), der hier klugerweise neben einem in etwa zeitgleich entstandenen Block mit vier Ruhrgebietshäusern von Bernd und Hilla Becher hängt, mit denen er zusammen von Amerika aus seine ersten Erfolge feierte.
Ute Eskilden arbeiten aber auch heraus, wie fließend in der Anmutung der Übergang zur sachbezogenen Werbefotografie ist, auf der einen Seite mit Schmölders und Patrick Tosani, auf der anderen mit Thomas Ruff und Claus Goedicke. Derartige Stränge werden bis in die jüngste Generation hinein beleuchtet, welche weitere technischen Verfahren entdeckt und für sich nutzbar macht. Indem zugleich die Ausstellung im Museum Folkwang Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzt und etliche Ikonen zu diesem Medium einbezieht, ist sie eine Ausstellung über die Geschichte der Fotografie und ihren technischen und motivischen Wandel hin zur heutigen Selbstverständlichkeit, dass wir es hier mit einem Medium der Kunst zu tun haben.
„Der Mensch und seine Objekte“| bis 29.4. | Museum Folkwang in Essen | www.museum-folkwang.de
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