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„Antigone“
Foto: Birgit Hupfeld

Ein ungleiches Paar

23. Februar 2012

Antigone von Sophokles in Dortmund – Theater Ruhr 03/12

Bevor das Dortmunder Studio zur Arena für Sophokles’ Tragödie mutiert, wird noch schnell ein letztes Mal Hand an die Szenerie gelegt. Die Tische werden ausgerichtet, die Stiefmütterchen platziert und buchstäblich erst einmal der Staub vom antiken Stück abgeklopft.

Nachdem Ödipus Theben verlassen hat, kommt es zwischen seinen Söhnen Eteokles und Polyneikes zum Streit um die Vorherrschaft über Theben. Polyneikes greift seine Heimatstadt an, während sein Bruder sie verteidigt. In der entscheidenden Schlacht vor den Toren Thebens töten sich die Brüder gegenseitig. Kreon, der Onkel der Königskinder, wird nun zum Herrscher. Er lässt Eteokles, den Verteidiger der Heimat, standesgemäß beerdigen, dem „Verräter“ Polyneikes verweigert er allerdings eine Beerdigung und stellt ein Zuwiderhandeln unter Todesstrafe. Antigone widersetzt sich ihm und beruft sich dabei auf das „göttliche Gesetz“.

In Dortmund wird diese Tragödie des Sophokles um Recht und Unrecht, um Macht und Moral zum Ringen zweier ungleicher Gegner. Es dominiert nicht die mutige, unbeugsame Antigone, sondern der skrupellose Alleinherrscher Kreon, von Uwe Schmieder einnehmend als charismatisch-zwielichtiger Macho gespielt. Uta Holst-Ziegelers Antigone hingegen bleibt blass. Sie ist nicht die unerschrockene, mutige Heldin, die sie sein könnte, denn Holst-Ziegeler schafft es nicht, die antike Widerstandskämpferin glaubhaft als ebenbürtige oder gar überlegene Gegnerin des machtbesessenen Kreon zu erschaffen. Ihr sehr körperbetontes Spiel wird leider schnell eintönig und überdeckt die möglichen Facetten, die die Figur der Antigone bietet. Trotz dieser Schwerpunktverlagerung ist Charlotte Zilms Inszenierung mehr als sehenswert. Denn sie würdigt den Text ohne sich ihm zu unterwerfen: Sowohl das schlichte Bühnenbild, das eher an eine Gerichtsshow erinnert, als auch die Kostüme, die in einem strengen Businesslook gehalten sind, stellen Bezüge zur Moderne her. Andererseits lassen sich deutliche Versatzstücke des antiken Theaters, wie etwa der Dortmunder Sprechchor, das 17. Ensemblemitglied im Schauspielhaus Dortmund, finden, der den Chor von Theben mimt. Oder der wiederkehrende Musikeinsatz, der das Dyonysische des Theaters wieder aufleben lässt.

„Antigone“ | Sa., 10.3., 20 Uhr | Theater Dortmund, Studio | Infos: 0231 502 72 22

Anna Schiff

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