Was war es doch eine verkommene Reaktion von Staat und Boulevardmedien, als der Mord der NSU an Mehmet Kubaşık und anderen Bürger:innen aufflog. Die Polizei blockierte eine Aufklärung des faschistischen Terrors und diskriminierte stattdessen die Opfer, während die Bild-Zeitung zynisch von „Döner-Morden“ sprach, als ginge es bei den Mordanschlägen gar nicht um Menschen. Gerade vor dem Hintergrund dieser bundesrepublikanischen Schande erscheint es umso bemerkenswerter, dass Emel Aydoğdu mit „Das Herz liegt begraben“ das Leben der Menschen Mehmet und Elif Kubaşık beleuchtet.
Ihre im Rahmen des Favoriten Festivals im Schauspiel Dortmund gezeigte, szenische Lesung dreht sich nicht nur um den Opfer-Status. So lesen Linda Elsner, Antje Prust, Mervan Ürkmez, allesamt Ensemblemitglieder des Schauspiels, einen Text, der sich der Liebe, den Hoffnungen und Enttäuschungen dieses Paars widmet. Beide lernen sich in einem türkischen Dorf kennen und müssen die Blicke der Einwohner ertragen, als sie wider den Konventionen Händchen haltend durchs Dorf gehen.
Leben ohne Angst
Es wird für das Paar kurdisch-alevitischer Herkunft brenzlig, als in der Türkei die Hetze gegen diese Minderheit zunimmt. Nach der Geburt ihrer Tochter fliehen sie daher 1991 in die frisch wiedervereinigte Bundesrepublik. Ein Leben ohne Angst ist greifbar nahe. Und sie bauen sich eine Existenz auf, als Mehmet Kubaşık in Dortmund ein Kiosk eröffnet. Worauf das hinauslief, ist bekannt: Am 4. April 2006 erschoss der NSU den Familienvater. In vielen Produktionen wurde der Kontext rund um die NSU-Morde bereits aufgegriffen – von Elfriede Jelineks Zschäpe-Abrechnung „Das schweigende Mädchen“ bis Fatih Akins Rachethriller „Aus dem Nichts“. Aber Emel Aydoğdu entschied sich, die Biografie der Kubaşıks mit ihrer eigenen (Familien-) Geschichte zu verbinden. Denn auch die deutsch-kurdische Theaterregisseurin blickt auf eine Herkunft zurück, die zwischen der Türkei und Deutschland liegt – eine Migrationsperspektive, die viele teilen und die doch der Diskriminierung ausgesetzt ist. Dabei waren doch die Eltern geflohen, um ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Genauso wie bei Mehmet Kubaşık.
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