Das letzte Haus links
USA 1972, Laufzeit: 82 Min., FSK 18
Regie: Wes Craven
Darsteller: David Hess, Lucy Grantham, Sandra Cassell, Marc Sheffler
Geburtsstunde des modernen Horrorkinos
Only a movie...
„Das letzte Haus links“ von Wes Craven
Für 100 000 Dollar drehten Wes Craven und Sean S. Cunningham ihr Horrorfilmdebüt "Last House on the Left" im Oktober 1971 in der Umgebung von Cunninghams Haus in Westport, Connecticut, nahe der Wilton Road und des Friedhofs Poplar Plains. Zwei Mädchen, Mari und Phyllis, fallen auf dem Weg zu einem Rockkonzert einem Verbrecherquartett in die Hände, das die Mädchen verschleppt und im Wald zu Tode quält. Auf ihrer Flucht vor der Polizei stolpern die Mörder schließlich in das Haus von Maris Eltern, die, als sie erkennen, wen sie vor sich haben, kurzen Prozess machen. Der auf Super 16mm gedrehte Thriller hieß während des Drehs noch "Night of Vengeance" und war zunächst für die Double Features Bostoner Drive-In-Kinos bestimmt, deren Besitzer sich eigentlich nur selten an der Finanzierung handfester Genreware beteiligten, aber mit Cravens und Cunninghams Sexstreifen "Together" mit Marylin Chambers ordentliche Profite erwirtschaftet hatten. Der von den Autokinobesitzern geführte Verleiher Hallmark probierte den Film im Juli 1972 unter den Titeln "Krug & Company" sowie "Sex Crime of the Century" aus, bevor er ihn am 23. August 1972 gemeinsam mit AIP als "Last House on the Left" unters Volk brachte. Ein Titel, der bei den Probestarts für volle Häuser gesorgt hatte, Craven aber zunächst nicht behagte: "Es gibt in diesem Film einfach kein letztes Haus links." Begleitet wurde der Start von einer cleveren Teaser-Kampagne, in der kurze Szenen der Darstellerinnen Lucy Grantham und Sandra Cassel gezeigt wurden, wie sie angsterfüllt durchs Unterholz stürzen. Dazwischen eingeblendet und eingesprochen der mittlerweile legendäre Satz: "To avoid fainting keep repeating: It's only a Movie, ...only a movie, ...only a movie!" Auf den dünnen Schwarzweiß-Plakaten und Anzeigenmatern schmückte diese Warnung die rechte untere Ecke, während der Hauptanreißer verkündete: "It rests on 13 acres of earth over the very center of hell..!" Neben dem Bild der toten Phillis (Lucy Grantham) stand als Illustration: "Mari (sic), seventeen, is dying. Even for her the worst is yet to come!" Offensichtlich spielte dieser Satz auf die Szene an, in der sich die Verbrecher, allen voran Tigerlady Sadie, an Phyllis' offenem Bauch zu schaffen machen. Gerade diese Sequenz wurde jedoch nahezu komplett aus der Endfassung entfernt und erst Jahrzehnte später als "Deleted Scene" auf DVD veröffentlicht. Erst nach langem und Hin und Her und dank dem Einfluss eines Freundes bekam Craven für seinen Film ein R-Rating. Die veröffentlichte Kinofassung war 82 Minuten lang, ursprünglich sollte sie 84 Minuten laufen. Die "uncut"-Fassung des Films dauert angeblich 91 Minuten, wobei Teile des Originals heute nicht mehr aufzufinden sind.
Schocker und Komödie
Neben den schockierenden Mord- und Vergewaltigungsszenen und der berühmten Musik von Hauptdarsteller David Hess ("And the road leads to nowhere...") baute Craven auch einige komische Sequenzen ein, in denen zwei Polizeibeamte nach den Ausbrechern und der als verschwunden gemeldeten Tochter suchen, aufgrund ihrer Trotteligkeit jedoch immer einen Ticken zu spät sind. Am Ende stehen sie, wieder zu spät, im blutbespritzten Wohnzimmer der Collinwoods. Aus heutiger Sicht wirken diese Szenen deplatziert, waren von Craven seinerzeit aber vor allem zur Belustigung des typischen Autokino-Publikums gedacht, das neben Horroreffekten gerne auch etwas campigen Humor goutierte. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass Hallmark Cravens Film auch wegen des enormen Erfolgs des aus Deutschland eingekauften Films "Hexen - bis aufs Blut gequält" produzieren ließ, der sich zum soliden Grindhouse-Hit entwickelt hatte, wobei er den Kinobesuchern "Kotztüten gratis" versprach. Die Kritik reagierte weltweit mit Entsetzen auf diese neuerliche "Brutalitätenshow" (katholischer filmdienst). Nur die spätere Kritikerikone Roger Ebert sprach in der Chicago Sun-Times zum Start von einem Thriller mit Sleeper-Qualitäten: "Es kommt der Augenblick in diesem gierigen und unerwarteten Terror, der alle Filme der harten Welle schlägt." Ebert musste sich für sein Lob unzählige Anfeindungen gefallen lassen, blieb aber bei seiner positiven Einschätzung des Films, da Craven Gewalt ungeschminkt und ungeschönt zeige, ohne intellektuelle Überhöhung oder ästhetische Hintergedanken. Über die Monate arbeitete sich der "Don't go in the Woods"-Schocker quer durchs Land und fuhr dabei mehrere Millionen Dollar ein. Er blieb bis zum Niedergang der Autokinos Anfang der achtziger Jahre ein solider Kassenfüller.
"Das letzte Haus links"
In Deutschland wurde "Last House on the Left" von Sam Waynbergs neu eröffneter Scotia Film für die zweite Staffel im Herbst 1973 lizensiert. Start in West-Deutschland war am 19.10.1973 unter dem Titel "Das letzte Haus links" in den zwei Hamburger Riech-Kinos Aladin Reeperbahn (595 Plätze, 1 Woche) und Kino 3 im Kino-Center am Hauptbahnhof (230 Plätze, 2 Wochen). Das Hamburger Abendblatt schrieb zur Premiere am 20.10.: "Schocker, unglaubwürdig, der Sensation zuliebe gemacht, teilweise jedoch bestens fotografiert." Eine Woche später startete der Film im Münchner Atlantik-Palast, einem auf Western und Godzilla-Abenteuer spezialisierten Fünfzigerjahrekino mit 654 Plätzen, das bald darauf in drei Kinos zerteilt und ans Mathäser verkauft wurde. Auf dem deutschen Plakat hieß es in enger Anlehnung an die US-Kampagne: "Dieser Film ist so kompromisslos realistisch, dass man sich immer wieder sagen muss: Es ist nur Kino. Es ist nur Kino. Es ist nur Kino."
"Mondo Brutale"
Nach den mageren Einspielergebnissen stoppte der Münchner Verleih die Auswertung unter dem ursprünglichen Titel und entschloss sich für Frühjahr 1974 zu einem Neustart. Aufgrund des überwältigenden Erfolgs des italienischen Umberto-Lenzi-Reißers "Mondo Cannibale" wurde "Das letzte Haus links" in "Mondo Brutale" umgetauft und den Kinobesitzern als Nachfolge-Produktion angeboten. Die Vermarktung wurde komplett "Mondo Cannibale" angeglichen und damit wesentlich eindeutiger (ein nacktes Mädchen mit ins Poster ragendem Männerarm, in diesem Fall eine Männerhand mit Messer vor der halbnackten Sandra Cassel, Grundlage des Artworks war Aushangbild 10 des ursprünglichen Fotosatzes). Auch die Tagline ("Im Inferno bestialischer Grausamkeiten" auf dem Plakat, "Ein Inferno bestialischer Grausamkeiten" auf den überklebten 18 Aushangbildern) kopierte das Verkaufsrezept von Lenzis unfreiwilligem Starter der Kannibalen-Welle ("Im Inferno grausamer Sexualriten"). Im neu synchronisierten Trailer, gesprochen von Rolf Schult, hieß es dann: "Die Bestie Mensch in Mondo Brutale. Besuchen Sie diesen Film nicht, wenn Sie nicht die stärksten Nerven mitbringen." Am Ende, wenn Vater Collinwood mit der Kettensäge zu Krug Richtung Wohnzimmer aufbricht, zitierte Rolf Schult dann die "bekannte Kritikerin Ponkie" und ihre Kritik aus der Münchner Abendzeitung: "Der blanke Terror-Thriller, gesalzen und gepfeffert". Der Slogan "Es ist nur Kino..." tauchte in diesem zweiten Trailer nicht mehr auf. In einer Repertoireübersicht des Jahres 1980 gab Scotia die Länge des Films mit 2233 m an, was einer Lauflänge von knapp 82 Minuten entspricht, FSK 18, nicht feiertagsfrei. Der Film kursierte als "Mondo Brutale" ab 1974 mehrere Jahre in den Bahnhofskinos (etwa im Oktober 1974 in der Düsseldorfer Kamera), bevor er von der Kölner Videofirma Mike Hunter 1982 zum ersten berüchtigten Horror-Videohit aufgebaut wurde.
Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Ruhrgebietsfilmgeschichte erleben
„Glückauf – Film ab!“ im Essener Ruhr Museum
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Filmfestivalmonat November
Mit der Duisburger Filmwoche, Doxs! und dem Blicke – Filmfestival des Ruhrgebiets – Vorspann 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
Reise in die Seele des Kinos
Die Ausstellung „Glückauf – Film ab“ in Essen – Vorspann 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Programmkollaps
Vergraulen immer komplexere Kinoprogramme das Publikum? – Vorspann 09/24
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Der Kurzfilm im Rampenlicht
Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen 2024 – Vorspann 05/24
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
„Ich wollte die Geschichte dieser Mädchen unbedingt erzählen“
Karin de Miguel Wessendorf über „Kicken wie ein Mädchen“ – Portrait 04/24
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24