Das Lied in mir
D 2009, Laufzeit: 95 Min., FSK 12
Regie: Florian Cossen
Darsteller: Jessica Schwarz, Michael Gwisdek, Rafael Ferro, Beatriz Spelzini, Carolos Portaluppi, Alfredo Castellani, Marcela Ferrari
>> www.dasliedinmir.de
Ergreifendes, komplexes Adoptions-Drama
Junta-Waise
"Das Lied in mir" von Florian Cossen
Eigentlich ist Buenos Aires nur ihr Zwischenstopp auf dem Weg nach Chile. Doch als die Sportschwimmerin Maria (Jessica Schwarz) im Flughafen ein spanisches Kinderlied hört, werden ganz plötzlich schlummernde Erinnerungen geweckt. Wie ein Sog zieht es sie in die fremde Stadt. Schon bald wächst die Vermutung, dass die Schwimmerin aus Deutschland argentinische Wurzeln hat, dass ihre Eltern Opfer der Junta waren und dass sie von einem deutschen Paar adoptiert wurde. Sie trifft auf ihren Onkel Jorge, ihre Patentante Estela und auf ihre Großmutter, die allesamt nur spanisch reden. Der argentinische Polizist Alejandro (Alejandro Rafael Ferro) versucht, ihr zu helfen. Und ihr deutscher Vater (Michael Gwisdek, „Boxhagener Platz“) steht auch bald im Hotel, um sie nach Hause zu holen. Als sie ihm Fragen stellt, hüllt er sich ins Schweigen.
Respekt: Eine Frau, der ihre wahre Herkunft verschwiegen wurde. Ein Mann, der vor Jahrzehnten unter fragwürdigen Umständen ein Mädchen aus Argentinien adoptiert hat und sich ihr gegenüber bis heute in Schweigen und Vergessenheit hüllt. Eine Sippe aus Argentinien, die nach dreißig Jahren eine Verwandte wiedersieht. Und ein Polizist, dessen Vater einst dem Militärregime diente. Nachwuchsregisseur Florian Cossen, der mit diesem Drama sein Debüt hinlegt, will viel erzählen. Ist es am Anfang nur die Geschichte einer Frau, die eine Lebenslüge aufdeckt, verschiebt sich der Fokus von ihrer inneren Zerrissenheit schon bald auf die detektivische Recherche und dem Schicksal ihrer Verwandtschaft unter der Militärjunta. Zugleich rückt die Suche nach den fragwürdigen Umständen ihrer Adoption in den Mittelpunkt.
„Das Lied mit mir“ hätte ein filmischer Seelenspiegel eines Adoptivkindes werden können, ein Ein-Personen-Kammerspiel, in dem die Protagonistin zwei Identitäten abgleichen muss. Cossen aber lässt seiner Heldin nicht viel Zeit zur Reflexion, sondern verlagert das Drama auf die Suche nach Fakten, und damit geht es schon bald nicht mehr nur um ein Einzelschicksal. Und so erwächst das Kammerspiel zu einem komplexen Gesellschaftsspiegel einer Generation, deren Eltern Teil einer grausamen Diktatur waren.
„Das Lied in mir“ ist Cossens Abschlussfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg. Ein Debüt, das nicht zuletzt atmosphärisch überzeugt. Jessica Schwarz überzeugt als zerrissene Frau, die im Schockzustand durch die Fremde ihrer Geburtsstadt geistert, die Sprachbarrieren und Lügen ausgesetzt ist und sich schließlich trotzig auf Spurensuche begibt. Tränen und Blicke erklären dabei oft mehr als Worte. Um sie herum: Der ewige Nachhall der durchlebten Angst, und Menschen, die ihren Frieden im Verschweigen suchen.
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