Das wahre Leben
Deutschland 2006
Regie: Alain Gsponer
Darsteller: Katja Riemann, Ulrich Noethen, Josef Mattes, Juliane Köhler, Alexander Held, Hannah Herzsprung, Timo Dierkes, Martin Feifel
Ein Mann fällt zurück in den Schoß seiner Familie. Damit ist die Idylle zu Hause dahin.Berg- und Talfahrt durchs FamilienlebenBumm! Erst erwischt's den Briefkasten, dann war's das für die Gipsfigur im Vorgarten der Nachbarn: Rolands Sohn Linus durchlebt gerade recht explosiv seine Pubertät und bastelt Bomben. Sein Bruder Charles erlebt derweil beim Bund sein Coming Out, Mutter Sybille (Katja Riemann) vertreibt sich die Zeit als Galeristin, wo ihr ein Kollege nachstellt. Von all dem bekommt Roland (Ulrich Noethen) nichts mit. Erst als man ihm seinen ausfüllenden Job im Risikomanagement eines Großkonzerns kündigt, sieht er sich von einem Tag auf den anderen mit dem konfrontiert, dem er all die Jahre erfolgreich aus dem Weg gegangen ist - seiner Familie. Die Guten-Tag-auf-Wiedersehen-Sippschaft ist damit passé, der Knatsch vorprogrammiert. Übersprungshandlungen wechseln von nun an ab mit Streit und Schweigen und sind Konsequenzen einer verloren gegangenen Kommunikation.Das klingt nach Klischee. Klischees werden von Alain Gsponer auch bedient, doch er reiht sie nicht selbstzweckhaft aneinander. Gsponer kann mehr. Er entfernt sich vom Trivialen, indem er das Klischee kitschbefreit in Zusammenhänge stellt, die so alltäglich sind, so wahr, menschlich und die eher Klischee sind, weil man sich in ihnen wieder findet. Ohne seine Figuren als Karikaturen zu verkünsteln, überspitzt Gsponer hin und wieder die Momente zur Satire. Sie wechseln sich ab: Momente, die einen im Boden versinken lassen und Momente der Befreiung - Schmerz und Schmunzeln. Die Berg- und Talfahrt wird von einem großartigen Ensemble getragen: Noethen gibt den armseligen Familienvater, ohne sich zum Clown zu machen, Katja Riemann hat eine (dunkelhaarige!) Rolle gefunden, in der sie ihr Können unter Beweis stellen kann wie leider viel zu selten, und mitten hinein prescht dann noch als Nachbarstochter Johanna Herzsprung, die gerade in "Vier Minuten" vergleichbar rebellisch die Welt auf den Kopf stellt. Gsponer nimmt die Wirklichkeit nie zu ernst, und das erst macht sie hier so wahrhaftig. Sein Exkurs endet als Tragikomödie, und die kommt dem Leben ja vielleicht am nächsten.
(Hartmut Ernst)
Zwischen Helden- und Glückssuche
Die Kinotrends des Jahres – Vorspann 01/25
Schund und Vergnügen
„Guilty Christmas Pleasures: Weihnachtsfilme“ im Filmstudio Glückauf Essen – Foyer 12/24
„Das Ruhrgebietspublikum ist ehrlich und dankbar“
Oliver Flothkötter über „Glückauf – Film ab!“ und Kino im Ruhrgebiet – Interview 12/24
Besuchen Sie Europa
Die Studie Made in Europe und ihre Folgen – Vorspann 12/24
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Ruhrgebietsfilmgeschichte erleben
„Glückauf – Film ab!“ im Essener Ruhr Museum
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Filmfestivalmonat November
Mit der Duisburger Filmwoche, Doxs! und dem Blicke – Filmfestival des Ruhrgebiets – Vorspann 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Reise in die Seele des Kinos
Die Ausstellung „Glückauf – Film ab“ in Essen – Vorspann 10/24
Programmkollaps
Vergraulen immer komplexere Kinoprogramme das Publikum? – Vorspann 09/24
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund