Der Räuber Hotzenplotz (2006)
Deutschland 2006, Laufzeit: 94 Min., FSK 0
Regie: Gernot Roll
Darsteller: Armin Rohde, Rufus Beck, Katharina Thalbach, Piet Klocke, Barbara Schöneberger, Martin Stührk, Manuel Steitz, Christiane Hörbiger
Im Wald, da sind die Räuber
Colonia (683), 21.03.2006
"Na, da hat sich Nicola Piovani ja nicht gerade überarbeitet", war das Erste, was die Kollegen nach der Pressevorführung vernehmen ließen. Stimmt: Der ansonsten sehr rege italienische Filmkomponist und Oscar-Preisträger ("Das Leben ist schön") hat für "Räuber Hotzenplotz" ein Thema geschrieben - und das wird 94 Minuten in der Endlosschleife gedudelt und sogar unter die Dialoge gemischt. Gerade so, als könnten die Kids von heute keine zwei Minuten Ruhe mehr ertragen.
Wilde und hektische Schnitte passen da ins Bild. Wer noch nicht hibbelig ist, wird es sicher werden.
Wovon das alles ablenken soll, fragt sich der mehr oder minder erwachsene Betrachter. MIt Armin Rohde als Hotzenplotz, Rufus Beck als Zauberer Zwackelmann, Christiane Hörbiger als Großmutter und Katharina Thalbach als Frau Schlotterbeck hat man eigentlich eine sehr gute Schauspielerriege versammelt. Und sogar Piet Klocke passt wunderbar in die Rolle des leicht hektischen Wachtmeisters Dimpfelmoser. Warum alle mehr chargieren als spielen und dem Ganzen penetrant einen Comic-Charakter aufzudrücken versuchen, ist unklar. Da hat wohl wieder einer kindgerecht mit Lachnummer verwechselt. Dagegen spielen die beiden jungen Darsteller von Kasperl und Seppel mit dem heiligsten Ernst, den man sich vorstellen kann.
Frau Schöneberger versucht sich im hübsch aussehen, hat aber schauspielersich nun wirklich nichts zu bieten - weder ernst noch als Parodie ihrer selbst. Eine schlimme Fehlbesetzung, die auf der nach unten offenen Überflüssigkeitsskala nur von den grottenschlechten Animationen und ständigen "Bings" und "Boings" und "Uiiis" getoppt wird.
Das Drehbuch versteht es leider nicht ganz, aus den verschiedenen "Hotzenplotz"-Büchern Otfried Preußlers eine Einheit zu formen. Als man schon denkt, es sei Schluss, heben die Autoren Limmer und Hant noch mal an und beginnen eine neue Episode.
Immerhin schafft es Gernot Roll an Kamera und Regiepult, sehr schöne Bilder zu zaubern, die von einer Farbintensität sind, wie man sie zuletzt bei "Charlie und die Schokoladenfabrik" oder unter Zuhilfenahme verschiedener Drogen sah. Die Plastiksonnenblumen gleich im ersten Bild sind da verzeihlich.
Fazit: Zwischen sehr originellem Vorspann und dem wohl unvermeidlichen Hotzenplotz-Song am Schluss nur hektisches Gekaspere. Dieser Neuverfilmung hätte es nicht unbedingt bedurft. Ein Erfolg wirds trotzdem werden.
Naturbelassen
juggernaut (162), 20.03.2006
Eine Verbrecherjagd, wie sie im Buche (von Otfried Preußler) steht. Also mit Kasperl, Seppl und Hotzenplotz, und ohne Handy, SMS oder Hot Spots. Das war beispielsweise bei der letzten Neuverfilmung von Kästners ?Emil und die Detektive? anders, als die Geschichte aus den 1920ern in die funkende und piepsende Gegenwart verpflanzt wurde. Diese Art von Modernisierung gibt der Hotzenplotz-Stoff nicht her, und das hat dem Film durchaus nicht geschadet. Hier erinnern Atmosphäre und Ausstattung eher an das ?Königlich Bayrische Amtsgericht? (ein Hinweis für die älteren unter uns). Nur dass Piet Klocke den Wachtmeister Dimpfelmoser so anlegt, als ob er eine seiner Bühnenfiguren wäre, und die haben?s nun mal nicht so mit (Bier-)Ruhe und Gemütlichkeit.
Alles in allem profitiert der Film aber gerade von seiner illustren Besetzung. Armin Rohde überzeugt als leicht verrückter, grimassierender und brummelnder Schrat in der Titelrolle (und als Sänger im Abspann), der Zauberer Petrosilius Zwackelmann ist ein gefundenes Fressen für Hörbuch-Star Rufus Beck, um sein ganzes Register an Tonlagen zum Einsatz zu bringen. Nach seinem Verschwinden ist allerdings etwas die Luft raus aus diesem ?Hotzenplotz?, der gleichwohl unterm Strich besser abschneidet als man es von einem Ballermann-erprobten Regisseur erwartet hätte.
Es wäre interessant, zum Vergleich die 1973er Version mit Gert Fröbe als Hotzenplotz und Josef Meinrad als Zwackelmann noch einmal zu sehen. Man neigt ja gelegentlich dazu, ältere Filme zu verklären, aber ich muss gestehen, dass ich in meinem Gedächtnis vergeblich nach irgendwelchen Bildern aus diesem ersten ?Hotzenplotz? gekramt habe. Muss wohl altersbedingt sein.
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