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Der Wald vor lauter Bäumen

Der Wald vor lauter Bäumen
Deutschland 2003, Laufzeit: 81 Min.
Regie: Maren Ade
Darsteller: Eva Löbau, Daniela Holtz, Jan Neumann, Ilona Christina Schulz, Robert Schupp, Heinz Röser-Dümmig, Martina Eckrich, Nina Fiedler, Hans-Rüdiger Kucich, Ruth Köppler, Achim Enchelmaier
>> www.komplizen-film.de/d/der-wald-vor-lauter-baumen.html

Die Koffer sind ausgepackt, die Umzugshelfer verabschiedet, Melanie alleine in ihrer neuen Wohnung in der neuen Stadt. Erst kürzlich hat sie sich von ihrem Freund getrennt und tritt hier nun ihre erste Stelle als Lehrerin in einer Realschule an. Melanie Pröschle ist eine gutherzige Person, enthusiastisch und voller Erwartungen auf beruflichen Erfolg und neue Freunde. Ihre Bemühungen beginnen bei den Nachbarn mit einem 'Selbstgebrannten' als Begrüßungsgeschenk, reichen über das Versprechen, 'frischen Wind' in ihre Schule zu bringen - so droht sie es ihren wenig begeisterten Kollegen bei der Antrittsrede freudestrahlend an - bis hin zu etlichen Versuchen, eine engere Freundschaft mit ihrer Nachbarin Tina zu schließen, die doch offensichtlich nicht zu ihr passt. Peinlichkeit ist dann auch überwiegend das Gefühl, mit dem der Kinobesucher 80 Minuten lang zu kämpfen hat. Die Regisseurin Maren Ade zeichnet mit ihrem Abschlussfilm ein faszinierendes Portrait einer jungen Frau, die mit ihrer sozialen 'Verpflanzung' nicht zu Recht kommt und aus ihrer Verzweiflung heraus zunehmend Grenzen missachtet und den Blick für die Angemessenheit ihres Verhaltens verliert. Um in Kontakt zu Tina zu treten, ist ihr jede noch so peinliche Aktion Recht, nimmt sie jede Demütigung hin. Während dessen verliert sie auch in der Schule jegliche Kontrolle. Die Kollegen meiden sie und tuscheln hinter ihrem Rücken und auch bei den Kindern kann sie sich keinen Respekt verschaffen. Als die Zurückweisungen überhand nehmen, wächst in ihr langsam Paranoia. Es sind vor allem zwei Elemente, die dazu führen, dass man sich dem Film nicht entziehen kann: die Dialoge und der Handlungsverlauf sind unglaublich gut beobachtet und glaubhaft wiedergegeben - man kann einfach keine Distanz aufbauen. Im Kleinen kennt jeder solche Situationen, in denen einen Aufdringlichkeit, Unangemessenheit und Grenzüberschreitungen des Gegenübers (gut gemeint oder nicht) peinlich berühren. Daneben sind die Darsteller, allen voran Eva Löbau ("Das Verlangen"), schlicht grandios! Ein solcher Film lässt wieder einmal erahnen, wie viel schauspielerisches Potential in diesem Lande jenseits der üblichen Verdächtigen steckt.

(Christian Meyer)

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