Die Höhle der vergessenen Träume
Frankreich, Kanada, USA, Großbritannien, Deutschland 2010, Laufzeit: 90 Min., FSK 6
Regie: Werner Herzog
>> www.hoehledervergessenentraeume.de
Kino als dreidimensionales Museum
Film-Archäologie
"Die Höhle der vergessenen Träume - 3D" von Werner Herzog
1994 entdeckte ein Forscherteam im Süden Frankreichs ein ausgeprägtes Höhlensystem von der Größe eines Fußballfeldes, das nach einem Felssturz über Jahrtausende von der Außenwelt abgeschottet war. Im Innern fanden die Wissenschaftler Höhlenmalereien, die über 30.000 Jahre alt und somit doppelt so alt wie die ältesten bislang bekannten prähistorischen Zeichnungen waren. Auch die Knochenüberreste von unterschiedlichen Tieren ließen die Herzen der Forscher höher schlagen. Die fragile klimatische und geologische Situation der nach ihrem Entdecker benannten Chauvet-Höhle machte es notwendig, dass Besichtigungen und wissenschaftliche Exkursionen auf ein absolutes Minimum beschränkt bleiben. Dass Werner Herzog mit einem vierköpfigen Team dennoch die Gelegenheit erhielt, die Höhle zu besuchen, stellt eine womöglich einmalige Sondergenehmigung dar. Filmisch gesehen ist „Die Höhle der vergessenen Träume – 3D“ sicherlich eine einmalige Angelegenheit, denn der Filmemacher nutzte diese Chance, indem er in den engen Gängen der vom Sonnenlicht abgeschnittenen Welt mit einer 3D-Kamera filmte. Damit ist es ihm gelungen, die fantastischen Gemälde und vorzeitlichen Kunstwerke in einer faszinierenden Plastizität abzubilden und die perspektivischen Feinheiten herauszuarbeiten, die sich durch die Dreidimensionalität der aus Felsgestein bestehenden „Leinwände“ ergeben. Da man aus verständlichen Gründen die Höhle selbst niemals betreten dürfte, stellt Herzogs Film die ideale Möglichkeit dar, die beachtlichen Kunstwerke nun einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, indem der Besuch dokumentarisch festgehalten wurde.
Für kunsthistorisch oder archäologisch interessierte Zuschauer bietet „Die Höhle der vergessenen Träume“ vortreffliche Anblicke auf Höhlenmalereien, deren Frische in dem abgeschlossenen Höhlensystem über Jahrtausende auf beachtliche Weise erhalten blieb. Getrübt wird dieses besondere Filmerlebnis durch eine etwas anstrengende Musikuntermalung und die seltsam leidenschaftslose Erzählstimme von Regisseur Werner Herzog selbst. Auch ein filmischer Exkurs am Ende des Films über ein Kraftwerk und ein künstliches Biotop, in dem Krokodile „gezüchtet“ werden, hinterlässt eher Verwunderung und will sich nicht so recht in das Gesamtkonzept einfügen. Bei dem hat man indes großen Wert darauf gelegt, die Filmaufnahmen von den Entdeckungen auch inhaltlich zu untermauern. So kommen Wissenschaftler zu Wort, die die Lebenssituationen der Höhlenkünstler zu rekonstruieren versuchen, die die Kunstwerke in einen zeitlichen Bezug zu anderen Funden setzen und Rückschlüsse auf Interaktionen mit der Tierwelt oder mystische Rituale herstellen. So ist der Film nicht nur visuell zu einer vielschichtigen Sache geworden, sondern bemüht sich auch auf seiner inhaltlichen Ebene um Komplexität und Weitsicht.
(Frank Brenner)
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