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Factotum
Norwegen/ USA/ Deutschland 2005, Laufzeit: 93 Min., FSK 12
Regie: Bent Hamer
Darsteller: Matt Dillon, Lili Taylor, Marisa Tomei, Fisher Stevens, Didier Flammand, Adrienne Shelly, Karen Young, Tom Lyons

"Ich scheiß auf die Inspiration. Wenn morgen nichts mehr kommt, dann ist es das eben gewesen. Das ist nicht mein Ehrgeiz, der Nachwelt was zu hinterlassen ? so wie du. Ich sauf, damit ich den Tag überstehe, verstehst du? Ich bin nicht jemand, der ein gepflegtes Gläschen trinkt in Gesellschaft netter Menschen. Je weniger Menschen, desto besser." Charles Bukowski hat nicht gelebt, um zu schreiben, sondern geschrieben, um die Abartigkeiten des Lebens überhaupt verpackt zu bekommen. Da konnte Henry Miller noch so sehr den Zeigefinger wider die ruinöse Wirkung des einsamen home-drinkings heben. "Poetry is a wet rag in the sink." Nicht mehr als ein nasser Lappen im Abfluss. Aber auch nicht weniger. Mochten die Literaturpäpste noch so wettern: Weder vor, noch nach "Buk" hat ein Schriftsteller das grausame Dilemma von ungebremstem Lebensdurst und der willkürlichen Beschränkung der Möglichkeiten derart gerade heraus zur Sprache gebracht. Und gelebt. Zwar beziffert Übersetzer Carl Weissner den Anteil biografischer Elemente in Bukowskis Romanen mit gerade mal 20%, vergisst aber nicht, auf die Bedeutung des zeitweise verwendeten Alter Egos Hank Chinaski zu verweisen. "Damit hat er kenntlich gemacht, dass er nur seine eigene Realität abschildert." Und unter genau diesem tritt Buk in "Faktotum", der Romanvorlage zu Bent Hamers Adaption, auf. Als "Mädchen für alles", das sich mit Handlangerjobs herumschlägt, um dem Leben wenigstens einen Sechserträger Dosenbier und einen ordentlichen Fick abzuwringen. "Scheint so als hätte ein Mann nur zwei Möglichkeiten ? bei der Jagd auf Kohle mitzumachen oder als Penner zu enden." Das mag wehleidig klingen, spiegelt aber nur jene Profanität, der sich Buk mit aller Gewalt entgegen stemmt. Er erträgt sie nicht. Sie widerspricht seinem Durst; und steigert ihn noch. Heraus kommt der "komplizierte Rausch", der die bipolare Depression aus Selbstzerfleischung und hemmungsloser Euphorie in selbstherrliche Aggressionsschübe umschlagen lässt, wie sie in Barbet Schroeders legendären "Bukowski-Tapes" zu beobachten sind, als Buk seiner späteren Ehefrau Linda Lee mitten im Interview eine überbrät. Buks Freund Schroeder ist es auch, an dem sich jeder Regisseur einer Bukowski-Verfilmung messen lassen muss. Auch oder gerade weil der "Dirty Old Man" höchstpersönlich das Drehbuch zu dessen "Barfly" verfasst hat. Wobei die wohl größte Leistung darin bestand, die Hauptrollen mit Mickey Rourke und Faye Dunaway statt mit dem damals völlig aufgekratzten Duo Sean Penn/Madonna zu besetzen, das sich für die Gage eines symbolischen Dollars unter der Regie eines zugekoksten Dennis Hoppers selbst abfeiern wollte. Dabei "Ö kann man Bukowski schlecht in den Sand setzen, weil du bloß die Dialoge übernehmen brauchst, nur ?n bißchen was dran stricken mußt, damit sie besser sprechbar werden." Ganz so leicht, wie Carl Weissner es sieht, scheint es jedoch nicht zu sein, hat doch selbst ein Marco Ferreri ("Das große Fressen") bei "Ganz normal verrückt" über den Sauf- und Sex-Exzessen Buks Abgesang an die Gesellschaft vergessen. Und auch Dominique Derudderes "Love Is A Dog From Hell" sucht gelegentlich die richtige Mischung aus lakonischem Humor und rauschhaftem Wahn. Unaufgeregter, bisweilen etwas prosaisch, kommt hingegen Bent Hamers "Factotum" daher. Dadurch geht ihm zwar die Garstigkeit des Romans ab, was die Ambivalenz des liebenswürdigen Höllenhundes Chinaski jedoch noch unterstreicht. Ob Buk dafür ein ähnlich nettes Kompliment wie bei Deruddere ? "Ich glaube, Dominique hat mich besser gemacht, als ich bin. [Ö] Du hast Sahne auf meinen Kuchen gemacht, Baby." ? parat gehabt hätte, sei dahingestellt. Im Gegensatz zum eitlen Gockel Mickey Rourke verliert Matt Dillon (an der Seite einer herrlich abgeschmackten Lili Taylor) zumindest nie Bukowskis Kernaussage aus den Augen: "I'm independently rich, fuck you!?

(Lars Albat)

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