Gegen die Wand
Deutschland/Türkei 2004, Laufzeit: 123 Min., FSK 12
Regie: Fatih Akin
Darsteller: Birol Ünel, Sibel Kekilli, Catrin Striebeck, Güven Kira, Meltem Cumbul, Hermann Lause, Cem Akin, Demir Gökgöl, Aysel Iscan, Mehmet Kurtulus, Adam Bousdoukos, Tim Seyfi, Ralph Misske, Philipp Baltus, Orhan Güner, Stefan Gebelhoff
Cahit jauchzt vor Freude, als er nach wie üblich durchzechter Nacht sein Leben vollends gegen die Wand setzt. Scheiß drauf! Aber er überlebt ? wie auch die gerade mal halb so alte Sibel, die genauso wenig ihrem Leben ein Ende setzen wollte, sondern vielmehr ihr altes einfach gegen ein neues einzutauschen gedachte. Doch so leicht wird man seine Herkunft nicht los. Und so stehen sich die beiden Deutsch-Türken, der 40jährige Postpunk sowie das 20jährige Partygirl, in der 'Geschlossenen' gegenüber und sind keinen Schritt weiter als zuvor. Inspiriert von Sibels Vitalität lässt sich Cahit schließlich darauf ein, mit einer Scheinehe dem Fundamentalismus ein Schnippchen zu schlagen und ihr das freizügige Leben zu ermöglichen, das er selbst in vollen Zügen ausgekostet hat. Nur mit den eigenen Gefühlen hat keiner der beiden gerechnet. Aber Achtung: Das klingt nur vordergründig amüsant, denn Kultregisseur Fatih Akin ("Kurz und Schmerzlos"; "Solino") fällt mit einer gnadenlos abgründigen Geschichte über sein Publikum her. Seine Figuren entwickeln ein unbändiges Eigenleben, das auch vor der Selbstaufopferung für die eigenen Ideale und Sehnsüchte nicht zurückschreckt. Nicht der Verstand, sondern ihre Gefühle treiben sie durchs Leben. Ihre Leidenschaft sucht ihren Platz. Und so nimmt das Unheil seinen Lauf, als Sibel schon kaum mehr weiß, in welchem Bett sie ihre Freiheit ausleben soll, während Cahit plötzlich mit der in seinem Herzen aufkeimenden Wärme zu kämpfen hat. Heraus kommt ein Melodram, das sich in seiner Radikalität zwischen Blut und Tränen, in seiner bitteren Realitätsnähe allein der eigenen Story verpflichtet zeigt. Da verzückt Sibel Kikelli mit scheinbar grenzenloser Naivität. Da schlägt schon allein Birol Ünels desillusionierter Blick jedem Fass den Boden aus. Da brilliert Fatih Akin mit pointiertem Zeitgeist, nur um dem Zuschauer im nächsten Moment das Lachen im Halse einzueisen, und lässt sich auch zu frustrierender Letzt auf keinerlei fiktive Experimente ein: In dieser Welt ist kein Platz für Märchen.
(Lars Albat)
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Filmfestivalmonat November
Mit der Duisburger Filmwoche, Doxs! und dem Blicke – Filmfestival des Ruhrgebiets – Vorspann 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Reise in die Seele des Kinos
Die Ausstellung „Glückauf – Film ab“ in Essen – Vorspann 10/24
Programmkollaps
Vergraulen immer komplexere Kinoprogramme das Publikum? – Vorspann 09/24
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
Der Kurzfilm im Rampenlicht
Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen 2024 – Vorspann 05/24
„Ich wollte die Geschichte dieser Mädchen unbedingt erzählen“
Karin de Miguel Wessendorf über „Kicken wie ein Mädchen“ – Portrait 04/24
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
Das IFFF fordert Gleichberechtigung in der Filmbranche – Festival 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Viel Spaß beim Film“
Vom Ende der Platzanweiser:innen – Vorspann 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24