Kinsey
USA 2004, Laufzeit: 119 Min., FSK 12
Regie: Bill Condon
Darsteller: Liam Neeson, Laura Linney, Chris O'Donnell, Peter Sarsgaard, Timothy Hutton, John Lithgow, Tim Curry, Oliver Platt, Dylan Baker, Julianne Nicholson, William Sadler, Heather Goldenhersh, John McMartin, Veronica Cartwright
Der Mensch hat einen ausgeprägten Hang zur Heldenverehrung. Und der Amerikaner im Speziellen: Mit ungebrochenem Verve widmet sich dort ein ganzer Industriezweig der Aufgabe, dem Volk anhand von Lebensverfilmungen ruhmreicher Lichtgestalten moralische Werte einzutrichtern. Woran zunächst nichts Verwerfliches zu erkennen ist. Die sagenhaften Leistungen verdienen ihre Anerkennung ja nicht nur ob des Erreichten, sondern vor allem aufgrund der eisernen Bekenntnis zum Guten - und darauf basiert nun mal unsere Gesellschaft. In wie weit das allerdings auf irgendwelche durchgeknallten Pornoproduzenten oder millionenschwere Bruchpiloten zutrifft, sei einmal dahingestellt. Immerhin haben sie im festen Glauben an sich selbst mehr oder minder große Dollarberge versetzt und so die Tellerwäscherlegende untermauert, die dem Kapitalismus seit jeher als soziale Rechtfertigung dient.Dass den umstrittenen Sexualforscher Alfred Charles Kinsey hingegen das Verlangen nach Ruhm und Geld getrieben hat, kann man nun wahrlich nicht behaupten. Und so stellt die minimalistisch inszenierte Biographie schon allein aus diesem Grund eine Ausnahme des Genres dar. Noch dazu mit einem Thema, dass der Prüderie heute noch die Schweißperlen auf die Stirn treibt: Hemmungslos stürzt sich der freigeistige Zoologe 1936 auf sein eigenes Geschlechtsleben wie das der gesamten Nation. Über 20.000 Amerikaner öffnen ihm dafür ihre bisher so gut verschlossene Schlafzimmertür. Seine Auswertung des menschlichen Paarungsverhaltens ist Bahn brechend. Der Sexualtrieb darf endlich die Hüllen fallen lassen. Doch das birgt Risiken. Für die Gesellschaft, läuft doch eine sexuelle Revolution der gut gehegten Kultur als Ersatznatur zuwider, genauso wie für den Forscher und seine Forschungen selber. So dokumentiert der Film nicht nur die aufreibende Erforschung dieses Faszinosums, sondern auch die Zerrissenheit ihres Protagonisten. Und der führte nun wirklich einen heldenhaften Kampf von gesellschaftlicher Tragweite.
(Lars Albat)
Zwischen Helden- und Glückssuche
Die Kinotrends des Jahres – Vorspann 01/25
Schund und Vergnügen
„Guilty Christmas Pleasures: Weihnachtsfilme“ im Filmstudio Glückauf Essen – Foyer 12/24
„Das Ruhrgebietspublikum ist ehrlich und dankbar“
Oliver Flothkötter über „Glückauf – Film ab!“ und Kino im Ruhrgebiet – Interview 12/24
Besuchen Sie Europa
Die Studie Made in Europe und ihre Folgen – Vorspann 12/24
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Ruhrgebietsfilmgeschichte erleben
„Glückauf – Film ab!“ im Essener Ruhr Museum
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Filmfestivalmonat November
Mit der Duisburger Filmwoche, Doxs! und dem Blicke – Filmfestival des Ruhrgebiets – Vorspann 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Reise in die Seele des Kinos
Die Ausstellung „Glückauf – Film ab“ in Essen – Vorspann 10/24
Programmkollaps
Vergraulen immer komplexere Kinoprogramme das Publikum? – Vorspann 09/24
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund