Kirschblüten & Dämonen
Deutschland 2019, Laufzeit: 116 Min., FSK 12
Regie: Doris Dörrie
Darsteller: Golo Euler, Aya Irizuki, Hannelore Elsner, Elmar Wepper, Felix Eitner, Birgit Minichmayr, Floriane Daniel
>> www.constantin-film.de/kino/kirschblueten-daemonen
Konfliktreiche Fortsetzung
Gespenstische Erinnerungen
„Kirschblüten & Dämonen” von Doris Dörrie
Interview mit Regisseurin Doris Dörrie
Den bis dato größten künstlerischen Erfolg ihrer Karriere konnte die Schriftstellerin („Bin ich schön?“) und Vorzeige-Regisseurin des neuen deutschen Films in den 1980er Jahren („Männer“), Doris Dörrie, vielleicht mit ihrem melancholisch-schönen Film über das Altern und das Abschiednehmen verbuchen: „Kirschblüten – Hanami“. Der 2008 in den Kinos gelaufene Film erreichte über eine Million Zuschauer und belebte die Kinokarriere des bis dahin weitgehend fürs Fernsehen arbeitenden Elmar Wepper („Dreiviertelmond“) wieder neu. Es spricht für die Filmemacherin, dass sie nicht überhastet ein Sequel in die Kinos brachte, sondern sich erst mit zehn Jahren Abstand dazu entschloss, die verstorbenen Eltern aus dem ersten Film als Geister noch einmal in Erscheinung treten zu lassen. Anlass dafür waren die Dreharbeiten zu Dörries Film „Grüße aus Fukushima“, der sich dezidiert mit japanischen Geistermythen und deren Einfluss auf die deutsche Protagonistin auseinandersetzte.
In „Kirschblüten & Dämonen“ steht nun der jüngste Sohn der Angermeiers, Karl (Golo Euler), im Mittelpunkt, der zehn Jahre nach dem Tod seiner Eltern seine Ehe vor die Wand gefahren hat und zum Alkoholiker geworden ist. Da steht eines Tages die Japanerin Yu (Aya Irizuki) vor seiner Tür, die sich einstmals mit seinem Vater Rudi (Elmar Wepper) auf dessen Reise zum Fuji angefreundet hatte. Es dauert auch nicht lange, bis sich Dämonen in den Alltag des gescheiterten jungen Mannes einschleichen, seien es undefinierbare Geister oder die Schatten seines Vaters, seiner Mutter (Hannelore Elsner) oder der Mutter Yus. Karl muss sich diesen Erscheinungen stellen und nimmt auch endlich wieder Kontakt mit seinen Geschwistern (Felix Eitner, Birgit Minichmayr) auf, deren Leben ebenfalls aus der Bahn geraten scheinen.
Es ist nicht immer einfach, an vergangene Erfolge anzuknüpfen und dabei den Charme und die Leichtigkeit des Originals zu wiederholen. Doris Dörrie zieht sich in diesem Fall aber sehr geschickt aus der Sache, weil „Kirschblüten & Dämonen“ ein gänzlich anderer Film als der erfolgreiche Vorgänger geworden ist. Obwohl die meisten der Original-Darsteller wieder mit an Bord sind, konzentriert sich die Geschichte auf den jüngsten der Söhne und entfaltet von ihm ausgehend ein tiefgründiges Familiendrama, das inhaltlich aus allen Nähten platzt. Es geht um dysfunktionale Familien, um Erinnerungen, ererbte Schuld, die neue Rechte, Hikikomoris, Alkoholsucht und nicht zuletzt um Geister und Dämonen. Dörrie vermeidet es dabei aber auf gleichermaßen raffinierte Weise, eindeutig zu werden. Ihre Geister könnten einfach nur Erinnerungen an die Vergangenheit, Halluzinationen unter Alkoholeinfluss oder tatsächlich Manifestationen aus einer anderen Dimension sein. Diese Uneindeutigkeit lässt viel Spielraum für die eigenen Interpretationen des Publikums, das sich somit seinen eigenen Film aus dem Gezeigten basteln kann.
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