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Lantana

Lantana
Australien/Deutschland 2001, Laufzeit: 120 Min., FSK 12
Regie: Ray Lawrence
Darsteller: Anthony LaPaglia, Geoffrey Rush, Barbara Hershey, Kerry Armstrong, Rachael Blake, Vince Colosimo, Daniela Farinacci, Peter Phelps

Eine fulminante Bildsequenz eröffnet den Film: die Kamera ertastet einen Körper im Wald. Langsam erst wird die Situation dechiffrierbar, dann aber stellt sich der Schock augenblicklich ein: das sanfte Stilleben entpuppt sich als Frauenkörper mit verdrehten Gliedmassen. Die beginnende Recherche nach dem vermeintlichen Mörder ist jedoch nur das lose narrative Band, das Ray Lawrence kunstvoll ­ Andersons Meisterwerk ³Magnolia² vergleichbar - einsetzt, um Personen aufeinander treffen zu lassen, die nichts voneinander wussten, obwohl ihre Schicksale aufs Engste miteinander verknüpft sind. Der scheinbar glückliche Familienvater und ermittelnde Inspektor Leon geht fremd mit einer Frau, die sich als unmittelbare Nachbarin und Hauptzeugin gegen den Angeklagten profiliert. Die Psychologin seiner nur scheinbar naiv unwissenden Frau Sonja ist die Tote der Eingangsszene. Eine zufällig bei der Therapeutin gefundene Tonbandaufzeichnung einer Sitzung konfrontiert ihn mit einer ihm völlig unbekannten Seite seiner eigenen Frau. Der Ehemann der Psychologin wiederum, selbst sprachlos im Schmerz seit der Ermordung ihres gemeinsamen Kindes, provoziert den Polizeibeamten, seine Begehrlichkeiten nach anderen Frauen einzugestehen.... Lawrence zeichnet eine amerikanische Gesellschaft, die über mehrere Scharniere auseinander driftet. Alle auftretenden Paare kreisen, bei aller Unterschiedlichkeit, um den immergleichen Grundkonflikt: das fatale Auseinanderbrechen zwischen Ehe und Begehren, Vertrauen und Leidenschaft. Dazu gesellt sich Selbstverkennung und Hypokrisie, die alle befreiende Aussprache unmöglich macht. Im puristischen US-Ambiente kann das Ehe- und Familienmodell kaum überschritten werden. So bleiben die Personen sich und anderen fremd, leben im Unbehagen und flüchten sich in Rollenspielgehabe, das sie selbst bei ihren schuldgefühlbeladenen Fremdgängen nicht abstreifen können. Das dümmliche Zusammensein-Trennen-Spiel wird wegen Mangel an alternativen Lebensmodellen weiter perpetuiert. Als einzig denkbarer Wandel erscheint - heitertragisch - die Wiederholung des Geflohenen: neue Ehe sollen ausgediente ersetzen. Lawrence bietet dialogische Situationen von diagnostischer Klarheit und schafft verdichtete Bilder einer an Selbstfremdheit erkrankten Gesellschaft. Dem Ende zu tut er alles, um zu retten, was zu retten ist: Paare finden wieder zusammen (nur der Homosexuelle bleibt draussen), Familien lächeln wieder, ein Paar verliebt sich neu...die schöne Zweisamkeit feiert noch einmal einen Triumph.

(Dieter Wieczorek)

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