Noah
USA 2014, Laufzeit: 132 Min., FSK 12
Regie: Darren Aronofsky
Darsteller: Russell Crowe, Jennifer Connelly, Ray Winstone
>> www.noah-derfilm.de
Bibelabenteuer
Um Gottes Willen
"Noah" von Darren Aronofsky
Das 3. Jahrtausend v. Chr. Circa. Und schon das hatte sich der Herrgott anders vorgestellt: Die Menschheit lebt fleißig in Sünde, Mord- und Totschlag allerorten, und die gefallenen Engel mischen dabei auch noch irgendwie mit. Mittendrin: Noah (Russell Crowe), der ein bescheidenes Nomadenleben mit seiner Frau Naameh (Jennifer Connelly) und den drei Söhnen führt. Ein guter, rechtschaffender, wehrhafter Mann, vor dessen Augen eines Tages Wunder geschehen und der von Visionen heimgesucht wird. Die Träume entpuppen sich als Botschaften Gottes, in denen der Schöpfer Noah dazu ermutigt, eine Arche zu bauen. Der Allmächtige plant nämlich die Sintflut, die den Planeten säubern und nur das Überleben der Unschuldigen, sprich der Tierwelt, gewährleisten soll. Auf dem Weg zur Bestimmung sammelt Noahs Familie noch das verletzte Mädchen Ila (Emma Watson) auf, kooperiert mit den gefallenen Engeln, der Schöpfer sorgt für ausreichend Holz und schon geht es ran ans Tageswerk. Nicht weit weg im Wald allerdings lauert der barbarische Tyrann Tubal (Ray Winstone) samt Gefolge. Und während das Holz zur Arche erwächst, steht den Beteiligten noch die eine oder andere Gewissenprüfung bevor.
Doch eigentlich interessiert Darren Aronofsky nur die aus heutiger Sicht äußerst berechtigte Frage: Verdient der Mensch eine zweite Chance? Der Regisseur ("The Wrestler", "Black Swan") bettet die Antwort in ein Drama, das sich weniger an klassischen Bibelverfilmungen als vielmehr an Fantasyfilmen orientiert. In Gutem wie in Schlechtem. Während die gefallenen Engel an eine absurde Mischung aus Wolfgang Petersons Steinbeißer ("Die unendliche Geschichte"), Peter Jacksons Ents ("Der Herr der Ringe") und einer Prise Walt Disney erinnern, überzeugt Aronofsky auf der anderen Seite mit seiner entrückten Gestaltung von Wundern und Visionen. Die Bibel liefert offensichtlich weniger Charaktertiefe und Komplexität als J.R.R. Tolkiens Vermächtnis, und so läuft das Ganze recht gradlinig und stereotyp an. Im letzten Drittel seines Bibelabenteuers bekommt Aronofsky aber noch die Kurve: Dann nämlich, wenn die letzten Überlebenden aufs Dramatischste uneins darüber sind, wie die Zeichen Gottes denn nun ausgelegt gehören. Während Naameh der Menschlichkeit eine zweite Chance zuspricht, verweigert Noah seiner Brut im Namen Gottes das Recht auf Fortpflanzung. Mit melodramatischer Wucht folgt Aronofsky diesem Interessenkonflikt, der zugleich augenzwinkernd beispielhaft steht für die mannigfache Lesart des Willens Gottes, der sich ja gern um eindeutige Aussagen herum drückt. Am Ende jedenfalls hadert man, ob man Noahs Sippe danken oder verfluchen soll.
Der Film wurde nachträglich in 3D konfiguriert, der Effekt bietet nur wenig Mehrwert. Wer ein überbordendes apokalyptisches Spektakel erwartet, der sei ebenso gewarnt: Die Flut selbst wird recht kurz und knapp abgehandelt. Das ist zugleich Stärke des Films, das sich bewusst auf die zwischenmenschliche Katastrophe konzentriert. Aronofsky bewegt sich zwischen Shakespeare-Soap, Armageddon-Brimborium, Fantasy-Abenteuer und Bibel-Melodram, und konzentriert sich dabei auf Fragen, die aktueller nicht sein können. Und so verlässt man den Saal am Ende so angeregt wie nach einem gelungenen Gottesdienst.
(Hartmut Ernst)
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