Open Hearts
Dänemark 2002, Laufzeit: 113 Min., FSK 12
Regie: Susanne Bier
Darsteller: Sonja Richter, Nicolaj Lie Kaas, Mads Mikkelsen, Paprika Steen, Stine Bjerregaard, Birthe Neumann, Niels Olsen, Ulf Pilgaard, Ronnie Hiort Lorenzen, Anders Nyborg, Ida Dwinger, Philip Zanden, Pelle Bang Sorensen
Ein Film auf der Suche nach Gefühlen nicht nur um sie hübsch abzubilden, sondern um sie nachvollziehbar und somit erlebbar zu machen! Dafür hat Susanne Bier für ihren siebten Film, der zugleich der neunte Dogma-Film ist, große dramaturgische Geschütze aufgefahren: Joachim und Cecilie sind jung und glücklich sie wollen heiraten. Dann ereignet sich ein Autounfall, und Joachim ist Querschnittsgelähmt. Er hadert sehr mit seinem Schicksal, wird zynisch und lässt die verzweifelte Cecilie nicht mehr an sich ran. Die flüchtet sich in Tröstungen des Arztes Niels. Der ist der Mann von Marie, die die Fahrerin des Unfallautos war. Niels hat nicht nur Marie zur Frau, sondern ist auch Vater von drei kleinen Kindern.Genug Material für ein ansehnliches Drama also! Ein Drama allerdings, dass so ganz undramatisch (im Sinne Hollywoods) daher kommt. Der Film ist nicht von der gut ausgeleuchteten Inszenierung großer Gefühle geprägt, sondern durch eine ruhige, aber eindringliche Darstellung dieses unalltäglichen Alltags. Eine Darstellung, die an Stelle einer großen technischen Apparatur eine fast beängstigende Nähe zu den Charakteren und deren Gefühlen aufbaut. Gegner von Dogma-Filmen werden direkt zu Beginn von Open Hearts auf ihre Kosten kommen: der Vorspann gibt mit Infrarotaufnahmen von Straßenszenen all jenen Nahrung, die gerne auf Regelverstöße gegen Lars von Triers Film-Dekalog verweisen (ohne dessen Spiel mit Dogmatismus verstanden zu haben). Die erste Spielszene wiederum wirkt mit wackeliger Kamera, abrupten Schnitten und einem grobkörnigen Kerzenlichtambiente wie das perfekte Klischee der Dogma-Ästhetik. Die gibt es als explizit ästhetisches Programm allerdings nicht, weil Dogma ein Katalog der Technik (mit ästhetischen Folgen, dass ja) ist. Susanne Bier betont in einem Interview zu ihrem neuesten Film, dass ihr Interesse an den Dogma-Regeln dem Freiheitsgewinn durch den Wegfall der Technik, die die schauspielerische Tätigkeit stark beeinträchtigt, gilt. So kann sie sich mit Hilfe der Reglementierung¹ durch die Dogma-Regeln in ihrem Film vollkommen auf vier großartige, zum Teil Dogma-erfahrene Schauspieler verlassen, da die wiederum dank Dogma nicht gegen eine riesige Apparatur anspielen müssen. Auch beim inzwischen neunten Dogma Film wird die Kette an Missverständnissen nicht abreißen, da der im Vor- und Abspann verwendete Infrarotfilm einen Regelbruch darstellt. Daher zeigt dies nur spielerisch (und sieh an, liebe Missversteher, es ist erlaubt!!), was Open Hearts mit den Mitteln von Dogma ermöglicht: menschliche Wärme abzubilden.
(Christian Meyer)
Zwischen Helden- und Glückssuche
Die Kinotrends des Jahres – Vorspann 01/25
Schund und Vergnügen
„Guilty Christmas Pleasures: Weihnachtsfilme“ im Filmstudio Glückauf Essen – Foyer 12/24
„Das Ruhrgebietspublikum ist ehrlich und dankbar“
Oliver Flothkötter über „Glückauf – Film ab!“ und Kino im Ruhrgebiet – Interview 12/24
Besuchen Sie Europa
Die Studie Made in Europe und ihre Folgen – Vorspann 12/24
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Ruhrgebietsfilmgeschichte erleben
„Glückauf – Film ab!“ im Essener Ruhr Museum
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Filmfestivalmonat November
Mit der Duisburger Filmwoche, Doxs! und dem Blicke – Filmfestival des Ruhrgebiets – Vorspann 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Reise in die Seele des Kinos
Die Ausstellung „Glückauf – Film ab“ in Essen – Vorspann 10/24
Programmkollaps
Vergraulen immer komplexere Kinoprogramme das Publikum? – Vorspann 09/24
Zurück zum Film
Open-Air-Kinos von Duisburg bis Dortmund – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Lichtspiele mit Charme
Eröffnung der Ausstellung „Glückauf – Film ab!“ im Ruhr-Museum – Foyer 07/24
„Poor Things“, reiches Cannes
Eine Bilanz der ersten sechs Kinomonate – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ewige Stadt, ewiges Kino
In Rom werden aus alten verlassenen Kinos wieder Kinos – Vorspann 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund