She Said
USA 2022, Laufzeit: 129 Min., FSK 12
Regie: Maria Schrader
Darsteller: Carey Mulligan, Zoe Kazan, Tom Pelphrey
>> www.upig.de/micro/she-said
Medienthriller über den Beginn der MeToo-Bewegung
Frauensolidarität
„She Said“ von Maria Schrader
Der Scoop, also die Exklusivmeldung der New York Times im Jahr 2018 zum Verhalten des Filmproduzenten Harvey Weinstein gegenüber Frauen hat eine Vorgeschichte, mit der Maria Schraders erster Hollywoodfilm „She Said“ beginnt: 2016, der Wahlkampf in den USA zwischen Donald Trump und Hillary Clinton ist in vollem Gang. Megan Twohey (Carey Mulligan) hat als Investigativ-Reporterin gerade bei der New York Times angefangen und arbeitet an mehreren Artikeln über Donald Trump zu seinen vermeintlichen Steuerverfehlungen, Geschäftsbeziehungen nach Russland und seinem sexistischen Verhalten gegenüber Frauen. Die Folgen ihrer Veröffentlichungen sind ernüchternd: Donald Trump wird trotz aller Kontroversen zum Präsident der Vereinigten Staaten gewählt. Für Megan Twohey eigentlich eine gute Zeit, sich ihrer Schwangerschaft und dann ihrem neu geborenen Kind zu widmen, auch wenn die erste Zeit als Mutter für sie eine wesentlich größere Herausforderung darstellt, als sie gedacht hätte.
In der Zwischenzeit ist ihre Vorgesetzte Rebecca Corbett (Patricia Clarkson) auf eine Häufung von Vorwürfen sexistischer Übergriffe und sexueller Gewalt im Umfeld des Filmproduzenten Harvey Weinstein gestoßen. Sie setzt, unterstützt von Dean Baquet (Andre Braugher), dem ersten afroamerikanischen Chefredakteur der New York Times, Twoheys Kollegin Jodi Kantor (Zoe Kazan) auf den Fall an, die schon bald auf weitere Frauen stößt, die Ähnliches zu berichten haben. Allerdings ist kaum eine von Ihnen bereit, die Vorwürfe öffentlich zu äußern. Entweder, weil bereits Gelder geflossen sind, damit sie schweigen, oder aus Angst, in der Filmbranche keinen Job mehr zu bekommen. Und schließlich fürchten alle Frauen, am Ende zwischen den medialen und juristischen Mühlsteinen aufgerieben zu werden und ein weiteres Mal Opfer zu werden.
Jodi Kantor kommt mit ihren Ermittlungen nicht weiter. Da holt Rebecca Corbett Megan Twohey mit an Bord, die bei ihrer Arbeit zu Donald Trump bereits Erfahrungen mit den Ängsten der Frauen und den Einschüchterungsversuchen der Männer machen konnte. Schon bald müssen die beiden Journalistinnen erkennen, dass sie es mit weitaus mehr als einem Mann und seinem sexistischen Verhalten zu tun haben. Es scheint, dass fast die gesamte Branche von dem Machtmissbrauchs Harvey Weinsteins wusste, ihn strukturell unterstützt und ihm geholfen hat, die Taten zu verschleiern oder zumindest jahre- und jahrzehntelang weggesehen hat. Als sie von immer weiteren Fällen erfahren, immer mehr Frauen und Mitarbeiter:innen interviewen, beginnt Weinstein, der nach einer ersten Verurteilung aktuell zum zweiten Mal vor Gericht steht, damit, auch die beiden Journalistinnen seine Machtspiele und Drohungen spüren zu lassen.
„She Said“ ist zugleich ein Film über den Arbeitsalltag investigativer Journalist:innen und über den Beginn der MeToo-Bewegung. Beides verbindet Regisseurin Maria Schrader auf eine in einem Hollywood-Film selten gesehene Art. Denn die Perspektive ist von Anfang an klar auf die Frauen gerichtet. Nicht der Täter steht im Vordergrund, sondern die Opfer und jene, die ihnen beistehen. Natürlich hängen über all dem die Drohgebärden Weinsteins und von dessen Vertrauten. Aber Maria Schrader zeigt in ihrem ersten Hollywoodfilm (nachdem sie mit der Netflix-Miniserie „Unorthodox“ und ihrer Nominierung für den Auslands-Oscar mit „Ich bin dein Mensch“ schon erste Berührungspunkte mit der amerikanischen Filmbranche hatte) mit der gleichen Aufmerksamkeit und einem zarten, aber genauen Blick die Care-Arbeit der Protagonistinnen, wunderbar sanft aber hartnäckig gespielt von Carey Mulligan und Zoe Kazan. Zugleich rückt der Film die Solidarität unter den betroffenen Frauen deutlich ins Bild. Den von männlichen Regisseuren gerne inszenierten sogenannten „Zickenkrieg“ gibt es hier nicht.
„She Said“ ist aber nicht nur ein Film über Journalismus und MeToo, sondern auch eine Inside-Story über die Filmbranche und die dortigen Missstände. In Hollywood und andernorts hat man seitdem viel gelernt. Nicht nur hinzusehen, sondern auch konkret durch Regeln und Gesetzte sexuellen Übergriffen und auch Benachteiligungen vorzubeugen. Mit „She Said“ ist Maria Schrader ein würdiges Denkmal für den Mut der Frauen, die das ermöglicht haben, gelungen.
(Christian Meyer-Pröpstl)
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