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Vice – Der zweite Mann

Vice – Der zweite Mann
USA 2018, Laufzeit: 132 Min., FSK 12
Regie: Adam McKay
Darsteller: Christian Bale, Amy Adams, Steve Carell, Sam Rockwell
>> www.universumfilm.de/filme/151842/vice-der-zweite-mann.html

Politsatire auf westliche Machtpolitik

Ein nutzloser Job
„Vice – Der zweite Mann“ von Adam McKay

Dieser Film beruht, das sagt uns die Textzeile zu Beginn, auf einer wahren Geschichte. Allerdings, so wird eingeräumt, sei Dick Cheney ein schweigsamer Mann. Und so konkretisieren die Filmemacher dann ihr Vorhaben mit den Worten: „But we did our fucking best.“

Was folgt ist eine 132-minütige gepfefferte Polit-Satire. Ein historischer Abriss US-amerikanischer republikanischer Machtpolitik der letzten Dekaden. Ein schelmischer Blick auf die skrupellose Aushebelung demokratischer und moralischer Werte durch die Volksvertretung. Gespiegelt am Beispiel Dick Cheneys: Praktikant im Weißen Haus unter Nixon, Stabschef unter Ford, Verteidigungsminister unter George Bush und schließlich Vizepräsident unter George W. Bush.

In jungen Jahren gerät der Student Dick Cheney (Christian Bale) auf die schiefe Bahn, nimmt Drogen, prügelt sich, fliegt von der Uni. Daheim setzt es schließlich von Freundin Lynne (Amy Adams) eine Ansage, die ihn zurück in die Bahn wirft. Cheney schlägt fortan diszipliniert seine politische Karriere ein, von seinem Ziehvater Donald Rumsfeld (Steve Carell) erfährt er frühzeitig, was den Job ausmacht: Gehorsam, Loyalität und Verschwiegenheit. Der angehende Politiker setzt vor allem auf Letzteres und wird kluger, maß- und gewissenloser Strippenzieher hinter den Kulissen. Sein Ziel: absolute Macht durch die Überwindung der Gewaltenteilung und zielführende Uminterpretation der bestehenden Gesetze.

Am Ende durfte Cheney so ziemlich alles tun – doch zum Glück darf das die Satire auch: Regisseur Adam McKay („Anchorman“, „The Big Short“) schöpft aus den Vollen. Weniger, indem er Tabus sprengt, sondern vielmehr mit cineastischem Ideenreichtum, mit inszenatorischer und narrativer Vielfalt. Originell und mit mächtig Schalk sprudelt es aus McKay heraus, ein Bombardement aus satirischer Spitze, Stil-Bruch und Genre-Jonglage. „Vice – Der zweite Mann“ portraitiert dabei nicht bloß einen Machtpolitiker, sondern die westliche Machtpolitik grundsätzlich. Getragen wird das Ganze von Christian Bale („American Psycho“, „American Hustle"), der hier erneut sagenhaft aufspielt und seine Figur in dieser Satire nie zum Clown degradiert – und eben das gestaltet die Sache nicht bloß äußerst spaßig, sondern auch verdammt ungemütlich: Das Selbstverständnis, mit der auf höchster Ebene skrupellos gewerkelt wird, wurde selten so entlarvend auf die Leinwand gebannt. Zynismus im politischen Tagesgeschäft ist in den heutigen Demokratien ja bereits Gang und Gebe. Noch schlimmer aber sind Zyniker, die sich ihres Zynismus‘ gar nicht bewusst sind. So wie Rumsfeld, so wie Cheney.

Auch wenn hier nicht jedes Detail und jeder Zusammenhang verbürgt sind – Adam McKay zeichnet die Machtmechanismen und die Seele heutiger Politik äußerst wirklichkeitsgetreu. Wohin das führt, zeigt er bis in den Abspann hinein, wenn das Volk zu Worte kommt. Und Dick Cheney? Der feierte gerade seinen 78. Geburtstag mit sauer verdientem Spenderherz und wird seiner Darstellung hier vermutlich nicht widersprechen, sondern das tun, was er am besten kann: schweigen. In einem Punkt sollten sich Dick Cheney und Adam McKay übrigens am Ende sogar einig sein, und zwar im Hinblick auf das eigene Schaffen: We did our fucking best.

(Hartmut Ernst)

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