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Vier Minuten
Deutschland 2006, Laufzeit: 111 Min., FSK 12
Regie: Chris Kraus
Darsteller: Monica Bleibtreu, Hannah Herzsprung, Richy Müller, Sven Pippig, Jasmin Tabatabai, Stefan Kurt, Vadim Glowna, Nadja Uhl, Peter Davor, Edita Malovcic

Jenny sitzt wegen Mordes im Knast. Dort gibt Traude Krüger einigen Insassinnen Klavierunterricht. In Jenny erkennt sie ein großes Talent. Die Gleichung ,durch Tanz oder Musik zum guten Menschen werden' wurde im Kino der letzten Jahre ziemlich überstrapaziert. Erst waren es nur "Rhythm is it" und "Wie im Himmel", inzwischen kommt fast monatlich ein neuer Film, der uns sagen will, dass man die Menschen, vorzugsweise Kinder und Jugendliche, nur zum Tanzen oder Musizieren animieren muss, und alles wird gut. Ein netter Gedanke, trotz allem. Dieses Grundthema scheint auch im neuen Film von Chris Kraus durch, und man muss von Anfang an die schlimmsten Klischees befürchten. Doch anscheinend ist sich der Regisseur der Fallen bewusst, denn immer, wenn man denkt, dass es jetzt richtig platt wird, lenkt er gegen. Traude Krüger (Monika Bleibtreu) gibt seit 60 Jahren Klavierunterricht in einem Frauengefängnis. Als die strenge und konservative alte Frau auf die neue Insassin trifft, erkennt sie gleich ihr großes Talent. Doch Jenny (Hannah Herzsprung) ist nicht nur talentiert, sondern auch undiszipliniert, provokant und gar gewalttätig. Und zu allem Überfluss spielt sie lieber 'Negermusik' als Klassik. Doch Traude Krüger will dieses Talent nicht verkommen lassen und mit Jenny für einen Wettbewerb üben. Jenny und Traude liefern sich dabei verbale, manchmal auch handgreifliche Schlachten. Sie sind beide stur, wollen sich gegenüber dem anderen behaupten, tragen aber auch ihre Verletzungen in sich. So ganz sympathisch werden einem bis zuletzt beide nicht. Dafür sind die Figuren zu ambivalent. Genau das ist aber eine entscheidende Qualität des Films, der einen nicht mit stoischer Penetranz auf ein gütliches Ende und ein alles durchdringendes, alle Konflikte auflösendes gegenseitiges Verständnis der Frauen füreinander hinführen will. Chris Kraus inszeniert zuweilen zwar etwas pathetisch, vor allem in den Musikszenen. Dass er der Schwere des Neuen Deutschen Films anhängt, hat er bereits mit seinem Erstling "Scherbentanz" gezeigt. Doch hier kriegt er meist die Kurve und lässt Jenny mit gründlicher Regelmäßigkeit nicht nur im Film aufkeimende Autoritätsbilder zertrümmern, sondern auch die drohende Behäbigkeit des Films.

(Christian Meyer)

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