Es wirkt fast ein wenig bizarr, wenn sich die kleinen Touristengruppen diese Woche über den Alter Markt bewegen. Brauhäuser und Rathausturm sind wie immer zu bestaunen, aber einen zusätzlichen Blickfang müssen die Führer ausgiebiger erklären: Fridays for Future hält auf dem Platz einen wochenlangen Dauerstreik ab. Plakate, Fahnen, Pavillons und Zelte stehen zwischen den Sehenswürdigkeiten.
70 bis 100 Teilnehmer pro Tag erwarten die Organisatoren bei den Workshops, Mahnwachen und Vorträgen diese Woche in Köln. Eine genaue Zahl sei schwer zu schätzen, da Demonstranten immer wieder kommen und gehen könnten. Vor der großen Abschlussdemo am Freitag werden die Aktivisten auf dem Platz nicht nur arbeiten und lernen, sondern auch schlafen. Geplant sind drei Übernachtungen zwischen Dienstag und Freitag, dann soll das Camp wieder abgebaut werden. In einem großen weißen Zelt, behangen mit verschiedenen Bannern, ist Platz für bis zu 80 Übernachtende – so viele hat die Stadt genehmigt.
Über die Drohungen der Kölner Bezirksregierung, die Schüler mit Bußgeldern zu bestrafen, sollten sie der Schule längere Zeit fern bleiben, kann Pauline Brünger, Pressesprecherin von Fridays for Future Köln, nur den Kopf schütteln: „Das macht die Bezirksregierung jetzt schon wirklich lange, bis jetzt gab es nie Konsequenzen. Außerdem passiert in der letzten Schulwoche eh eigentlich nichts.“ Im Interview sagt die 17-Jährige außerdem: „Hier lernen wir durch die Workshops und Vorträge sehr viel mehr als in der Schule. Deshalb finden wir es absolut unangemessen von der Politik, uns mit Strafen zu drohen.“
Das Programm ist dicht geplant und nicht ohne Anspruch. Neben praktischen Tipps zu politischem Aktivismus gibt es unter anderem Veranstaltungen über Veganismus, Geschlechtertheorie und Nachhaltigkeit. Auch der Dokumentarfilm „Die grüne Lunge“ von Werner Boote wird gezeigt. „Wir haben viele Externe, die hier freiwillig Workshops geben“, sagt Brünger, die das Programm mit organisiert hat. Das liege vor allem daran, dass die Bewegung mittlerweile so einen starken Rückhalt und viele Unterstützer in der Gesellschaft habe.
Am Dienstag entscheidet der Rat, ob der Klimanotstand für Köln ausgerufen und damit dem Beispiel weiterer deutscher Städte wie Konstanz oder Düsseldorf gefolgt werden soll. Vorbei ist das Engagement für die Fridays-for-Future-Aktivisten damit aber, egal wie die Entscheidung ausfällt, nicht: „Wir begrüßen es natürlich, wenn der Klimanotstand ausgerufen wird, aber nur, wenn dann auch tatsächlich Handlungen folgen“, ordnet Brünger die Entscheidung ein. Ansonsten sei das bloß leere Symbolpolitik.
Auch wenn jetzt in NRW die Sommerferien beginnen, wollen die Schüler weiter demonstrieren. „Wir werden jeden Freitag Aktionen durchführen und sind damit wahrscheinlich konsequenter als die Politik selbst“, erklärt sie mit einem Blick auf die parlamentarische Sommerpause.
In den Sommerferien soll auch der Bundeskongress der Bewegung stattfinden. In Dortmund wolle man dann, ähnlich wie diese Woche in Köln, Weiterbildung durch Workshops und Vorträge möglich machen und die Bewegung auf nationaler Ebene neu aufstellen, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Außerdem plane man, im September zum Generalstreik aufzurufen: „Wir möchten einen Tag alles lahm legen und die Straßen fluten.“ Ans Aufgeben denkt hier niemand.
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