Innen, außen, oben unten, für Arthur Schnitzlers Anatol spielt das keine Rolle. Eingepfercht in seinen Vogelkäfig stellt er den Frauen nach und stillt sein Verlangen. Sein Vogelkäfig ist das Wien der vorletzten Jahrhundertwende. Eine Stadt im Wahn, im Aufbruch ins 20. Jahrhundert, das nicht nur eine industrielle Revolution, sondern auch die des Psychoanalytischen werden sollte. Insofern war das Krankheitsbild des Dandys zwar bekannt, allerdings kannte man weder Ursachen noch sein Bekämpfung.
Im Oberhausener Malersaal, selbst nicht gerade riesig, hat der junge niederländische Regisseur Bram Jansen einen Spiegelsaal installieren lassen (Guus van Geffen), der nur scheinbar mehr verbirgt als er zeigt. Über seine Glaswände kann das Treiben des Dandys Anatol (Konstantin Buchholz) beobachtet werden, in seiner Peepshow der zwanghaften Begierde, in der er Frauenherzen erobert, seine enggesetzte Welt aber nie verlassen wird. Angela Falkenhan spielt dabei alle Frauen, die ihm und seinem analytisch bewanderten Freund Max (Peter Waros) begegnen, die alle willig, aber nicht der Schwermut trotzen können. Jansen findet schöne Bilder zwischen Pseudoerotik und Gegenweltfantasien. Das Drinnen wirkt wie eine Sauna, das Draußen ist kalt wie Eis und da sitzen die Zuschauer wie Voyeure, dort wechseln die Damen die Kleidung, dorthin versucht Anatol zu schauen – in die Wirklichkeit.
Längst hat er gelernt die Angebeteten zu hypnotisieren, das macht nicht nur alles leichter, sie sagen auch dann die Wahrheit. Als Max ihn drängt, Cora zu fragen, ob sie ihm treu seien, schreckt Anatol zurück. Diese Information würde seine innere Welt ins Wanken bringen, es wäre eine Realität, die er nicht brauchen kann und darf. Er braucht sein Blendwerk, ohne überhaupt zu wissen warum. Die schöne Inszenierung lebt in erster Linie vom fast geschlossenen Bühnenbild, der Choreografie der Personen vor und hinter den Mauern, die Anatol umschließen, und der Geschichte, die damals boshaft in ein Pseudo-Lebensgefühl stach, das die wahre Liebe zwar suchte, aber dennoch nicht zuließ.
„Anatol“ | R: Bram Jansen | Do 13.3. 19.30 Uhr | Malersaal, Theater Oberhausen | 0208 857 81 84
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