Von ethnischen oder religiösen Spannungen war damals im schönen Jugoslawien nie etwas zu spüren. Für uns VW-Bus-Junkies war es aber auch oft nur Transitland nach Griechenland. 1991 kam es dann auf der Magistrale (Küstenstraße) zur ersten Wohnwagen-Fluchtbewegung aus Split in Richtung Österreich. Der Zerfall von Titos Staatenbund hatte begonnen, ein Krieg um Macht und Besitz begann. Der britisch-bosnische Autor Igor Memic hat mit „Die Brücke von Mostar (Old Bridge)“ die Veränderungen in seiner Heimat thematisiert. Das Stück über die historischen Vorgänge wurde 2020 und 2021 mit mehreren britischen Theaterpreisen ausgezeichnet. Es erinnert an das Leben einer jungen Clique, die trotz ihrer verschiedenen ethnischen Zugehörigkeiten zusammenhält und deren Zukunft grausam ausgebombt wird.
Kurz vor dem Zusammenbruch der Warschauer Pakt-Staaten gehörte der halsbrecherische Sprung aus gut 20 Meter Höhe in den Fluss Neretva seit uralten Zeiten zu den jährlichen Mutproben und dann zu den beliebtesten Tourist:innenattraktionen im bosnischen Mostar. Dort trafen sich Jung und Alt, um bei würzigem Wein und ein paar Cevapcici dem gefährlichen Treiben an dem jahrhundertealten Bauwerk beizuwohnen. Und hier beginnt auch die Geschichte von Emina – genannt Mina – und ihren Freund:innen Sasha und Leila. Eines Tages beobachten sie den unbeholfenen Versuch von Mili, der aus dem katholischen Kroatien kommt und in der Stadt bleiben will. Der gefährliche Sprung ins Wasser geht schief, denn die Strömung ist unberechenbar. Milis Blessuren sind harmlos – und der Schmerz bleibt süß, denn er endet in einem Date mit Mina. Die beiden werden ein Paar. „The future was wide open“ – um mit Tom Petty & the Heartbreakers zu sprechen. Religiöse Unterschiede? Bullshit. Michael Jackson, Prince, Madonna und Cindy Lauper begleiten die Nächte der Glücksseligkeit – der Grunge ist noch nicht aufgekommen. Doch als der Bosnienkrieg ausbricht, lässt er Nachbar:innen zu Feind:innen werden und Freund:innen zu Menschenschlächter:innen. Schließlich wird auch die Brücke in Mostar (9. November 1993) zerstört. Das Leben wird immer gefährlicher, die Bomben kommen immer näher. Dennoch versucht die junge Clique in ihrem kleinen Apartment gemeinsam zu überleben.
Das Theaterstück, das in deutscher Erstaufführung in Oberhausen von Anne Bader inszeniert wird, zeigt nicht nur die abscheuliche Gewalt und Willkür während des Balkankrieges, sondern auch die psychischen Nachwirkungen bei den Menschen, die diese Sinnlosigkeit bis heute nicht überwunden haben.
Die Brücke von Mostar (Old Bridge) | 15. (P), 23., 27.9. je 19.30 Uhr | Theater Oberhausen | theater-oberhausen.de
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