Ein Hauptwerk von Matthias Meyer gehört dem Kunstmuseum Mülheim. In der Ausstellung alleine an einer Wand hängend, fast menschengroß, fast quadratisch, zieht das Ölgemälde „Park I“ (2014) den Blick des Betrachters mitten in das Bild. Im Vordergrund aber stehen mehrere pulvrige organische Formen der freien Sicht im Weg. Mit ihren weichen Rändern wecken sie die Vorstellung einer Fensterscheibe zwischen Betrachter und Bildgeschehen. Andererseits führen dunkle Striche und Bahnen direkt in die Darstellung, die wie eine Landschaft im Nebel oder wie ein durch Gestrüpp verhangener Wasserspiegel wirkt.
„Park I“ ist einer der Anlässe für die derzeitige Ausstellung von Matthias Meyer in Mülheim – die Vorstellung des Bildes im Zusammenhang des Werkes –, ein anderer ist, dass er in der Stadt an der Ruhr lebt. Der Hauptgrund aber ist die Qualität des Werkes selbst. Für eine Retrospektive ist der 1969 in Göttingen geborene Meyer zu jung, die Ausstellung in den beiden Räumen im Erdgeschoss der Alten Post konzentriert sich stattdessen auf seine aktuelle Malerei. In dieser scheint der landschaftliche Boden unfest und ist nicht recht zu erfassen. Auch sind die Perspektive, der Abstand und die Höhe über dem Geschehen unsicher; unklar auch, ob der Betrachter nur Augenzeuge oder Beteiligter im Bildgeschehen ist. Dazu trägt das „Ausgewaschene“ der Buntfarben bei, gleichzeitig kennzeichnet das dunkle Geäst eine Nachdrücklichkeit und Zielstrebigkeit.
Auf der Grundlage eigener Fotos, die er zueinander collagiert (und die nun auch ausgestellt sind), hat Meyer nach allen Regeln der Kunst eine eigene Halbabstraktion entwickelt, die durchgehend Transparenz und ein flüchtiges Vorübergehen zeigt. Sein Sujet ist die Natur mit den klimatischen Phänomenen der Landschaft. Sein Thema aber sind das Sehen, Wahrnehmen und Bewegen des Menschen im „Draußen“, das doch als innere Erfahrung empfunden wird. Matthias Meyer, der an der Düsseldorfer Kunstakademie bei den großen Malern Gerhard Richter und Dieter Krieg und am Chelsea College of Art in London studiert hat, zeigt die wässrige Spur, die der Regen an Scheiben hinterlässt, ebenso wie das Licht, das verhalten aus der landschaftlichen Tiefe hervorbricht. Übergangslos beginnen plötzlich herbstliche Blätter zu flirren, als wären sie die Flammen einer Feuersbrunst. In jüngster Zeit hat er sich besonders den Effekten der Glasmalerei zugewandt. So kommt es, dass er sich bei einem Bildtitel – und im Bildgeschehen – auf den (abstrakten) Maler Georg Meistermann bezieht. Und im querformatigen Gemälde „Vitrine“ ist das isolierende Verhältnis Innen und Außen thematisiert. Ein wenig muss sich der Betrachter immer in die Gemälde einsehen. Dann aber erweist sich diese sorgfältig ausgearbeitete Malerei als Stimulanz des Vorstellungsvermögens.
„Matthias Meyer. Gläserner Tag“ | bis 10.9. | Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr | 0208 455 41 38
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