Durch die Ausstellung von Tina Tonagel bewegt man sich vorsichtig und wagt kaum zu atmen. Die ziemlich lapidaren, dabei fragilen Wandobjekte kennzeichnet ihrerseits äußerste Zurückhaltung. Sie sind kleinformatig und scheinen kaum beachtenswert, abgesehen vielleicht von der Reihe von Triangeln, die mittels einzelner programmierter Bolzenschläge hell klingen und sozusagen orchestral miteinander kommunizieren. Oder den weißen Rundformen, die sich plötzlich wie Rotoren synchron schnurrend drehen. Weiterhin sind leise schabende Geräusche von Flächen zu hören, die stockend eine beschädigte Resopalplatte herauf und herunter fahren. Die Mechanismen bleiben erkennbar, nichts ist beschönigt, ein funktionaler Sinn steckt nicht dahinter. Also, was soll's? Und schon sind wir in Fragen zu unserem Alltag mit seinem Wieder und Wieder als strukturierendem Rhythmus verfangen. Angesprochen ist auf metaphorischer Ebene die Fragilität der Psyche. Aus dem Schmucklosen, das ganz auf akkurate Formgebung und Farben verzichtet, erwachsen zeichenhafte Situationen mit Momenten, die in ihrer Feinheit und im Austarierten beeindrucken. Die Kölner Medienkünstlerin Tina Tonagel, die 1973 geboren wurde und mit etlichen Stipendien und Preisen ausgezeichnet worden ist, arbeitet mit peripheren Phänomen unseres Daseins, also mit dem, was übersehen und überhört wird. Tatsächlich sind die Mechanismen ihrer Apparaturen ausgetüftelt und präzise in ihrer elektronischen Steuerung.
Hier, im MO Schaufenster des Dortmunder U macht die Ausstellung besonders Sinn. Mit der Sichtmöglichkeit durch die Glasscheibe thematisiert sie das Verhältnis von Innen und Außen, wird die Scheibe zum Resonanzraum und zum Schutz. Im Museum selbst läuft der Besucher erst durch die Fluxus-Abteilung mit den Musik-Objekten und feinmotorigen Assemblagen von Joe Jones, Robert Filliou oder Ben Patterson, ehe er wie im inneren Raum eines Labyrinths bei Tina Tonagel ankommt. Auch das wäre metaphorisch zu verstehen. Was wir sehen, ist eine Oase der Ruhe und Besonnenheit in der Betriebsamkeit der Großstadt.
Tina Tonagel – Andere Monde | bis 29.10. | Museum Ostwall im Dortmunder U | 0231 502 47 23
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