Am Schluss waren es 97 Radierungen, die Pablo Picasso seinem Verleger und Kunsthändler Ambroise Vollard vorlegen konnte, und was lag da näher, als die Suite abzurunden. Die drei Blätter, die Picasso mit zweijähriger Verzögerung nachlieferte und mit denen er die Reihe 1937 abschloss, zeigen Porträts des Kunsthändlers selbst. Sie sind ebenfalls Radierungen, ebenso s/w und kleinformatig. Aber was für ein Projekt! Die 100 Blätter aus dem Bestand des Kunstmuseum Mülheim enthalten vieles von dem, was Picassos Kunst überhaupt auszeichnet, schließlich hat er sie seit September 1930 parallel zu seinen Gemälden und Skulpturen angefertigt. Da sind das handwerkliche Vermögen und die Experimentierfreudigkeit, die sich hier am Spektrum der Radierung entfalten. Auch die zentralen Motive und Themenkomplexe kehren punktuell und in variierenden Reihen wieder.
Die Suite Vollard beginnt – in dezidierter Linienzeichnung und klassizistischer Plastizität – mit dem weiblichen Akt, der auf einem Stuhl oder dem Boden sitzt; in der Hinzufügung eines Mannes wird sodann der Geschlechterkampf thematisiert. Schon bald wendet sich die Suite Vollard dem Künstler im Atelier und seinem Verhältnis zum Modell zu. Bemerkenswert ist, dass Picasso den Künstler bei der Arbeit an Skulpturen zeigt, die seinen eigenen Werken entsprechen. Eine wichtige Rolle für die Darstellung der Beziehung von Mann und Frau spielt Minotaurus als antiker Mythos selbst, aber auch in seiner Verwandtschaft zum Stier und zum Stierkampf, der Picasso so fasziniert hat. Picassos Begeisterung für die griechische Antike ist durch die gesamte Suite zu beobachten. Daneben tritt die Bewunderung für Rembrandt, der in mehreren Radierungen paraphrasiert ist. Und doch: Der größte, radikalste Neuerer ist Picasso selbst. Dass er dabei die altmeisterlichen Techniken beherrschte und auf dem Fundament der antiken Kultur und der Kunstgeschichte seine Modernität entwickelte, das verdeutlicht – flankiert von weiteren Picasso-Zyklen im Grafikraum – nun die Ausstellung im Kunstmuseum in der Alten Post.
„Picasso – Die Suite Vollard“ | bis 28.6. | Kunstmuseum Mülheim a.d. Ruhr | 0208 455 41 38
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