Er hat eine lange Reise hinter sich: vom Teenie-Star bei den Walker Brothers Mitte der 60er über die ersten erfolgreichen Soloplatten der späten 60er Jahre, Orientierungslosigkeit und Reunion der Walker Brothers in den 70ern, missachtetes Experiment in den 80ern und später Kritikererfolg mit Avantgarde-Konzepten seit den 90ern. Scott Walker ist sicher eine Ausnahmeerscheinung. Mit „The Collection 1967-1970“ werden die ersten fünf Soloalben in einer Box wiederveröffentlicht. Sein dramatisches Timbre durchzieht auch die ersten Veröffentlichungen, aber bereits mit „Scott 3“ und „Scott 4“ zeigt er erste Ambitionen, faszinierende Abwege zu erforschen (Universal). Die Musik von These New Puritans steht durchaus im Geiste von Scott Walkers Spätwerk. Und sie würden sich wohl auch zwischen Robert Wyatt, den späten Talk Talk oder Radiohead wohlfühlen. Viel zarter als der Vorgänger „Hidden“ werden auf „Field of Reeds“ ihre mitunter klassischen, dann wieder abstrakt-elektronischen Arrangements von vielstimmigem Gesang getragen – toll (Infectious). Zart – das ist auch die Musik von Tunng. Einerseits passen die Briten hervorragend unter das erfolgreiche Neo Folk-Label, andererseits spielen sie auf ihrem neuen Album „Turbines“ immer auch mit elektronischen Elementen, die einerseits überraschen, sich dann aber doch mit etwas Spannung hervorragend in ihre Musik einfügen (Full time Hobby).
Dean Blunt vom britischen Duo Hype Williams wurde vor wenigen Jahren zu den Newcomern im Bereich des Post-Dubstep gezählt. Aber eigentlich ist der Bedroomproducer schon längst ganz woanders. Nur wo, das lässt sich bei seinen geisterhaften Miniaturen auf „The Redeemer“ zwischen Elektronik, Akustikinstrumenten und Gesang kaum sagen: Soul, Blues, Pop? Traumhafte bzw. bekiffte, mitunter orchestrale Gebilde, die nun wirklich kaum einzuordnen sind (Hippos in Tanks). Der Helium-Rapper Quasimoto ist ein Alias des Hip Hop-Produzenten Madlib. Vor acht Jahren erschien das letzte Album. „Yessir … whatever“ versammelt nun Stücke aus den letzten Jahren – rare und unveröffentlichte – im typischen, leicht verpeilten Soul-Funk-Jazz-Mix mit hochgepitchter Stimme. Immer noch einzigartig (Stones Throw).
Das Düsseldorfer Trio Der Plan konnte Anfang der 80er Jahre trotz der offensichtlichen Nähe zu den Residents – musikalisch wie visuell – ein eigenes Profil zwischen elektronischer Avantgarde und Pop entwickeln. Nach den ersten beiden Alben werden nun auch der Soundtrack zu Rainer Kirbergs Film „Die letzte Rache“ (1983) und die Compilation „Japlan“ (1984) mit Bonusstücken neu aufgelegt (bureau b). Der Sound of Cologne muss nicht Techno heißen: Die zweite Ausgabe der Compilation „Noise of Cologne“ widmet sich wieder den Experimenten. Ruhig und laut, komplex und minimal werden klangliche Möglichkeiten von Harald Sack Ziegler, Gregor Schwellenbach, Anthony Moore und anderen ausgelotet (Mark e.V.). Das 2004 erstmals veröffentlichte Buch „On the wild Side“ des 2010 verstorbenen Poptheoretikers Martin Büsser wird neu aufgelegt. Dort zeichnet er die Entwicklung der Popmusik seit Mitte der 60er Jahre, als die Funktionen von Autor und Interpret erstmals zusammenfielen, nach. Der fragwürdige Untertitel „Die wahre Geschichte der Popmusik“ sollte nicht den Blick darauf verstellen, dass Büsser hier auf gut 200 Seiten einen zwar knappen, aber dennoch profunden und immer um politischen wie gesellschaftlichen Kontext bemühten Überblick liefert. Mit Beispielen und Listen ist es außerdem ein Kompendium des guten Geschmacks (Ventil Verlag).
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