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„Kunst“, Prinz Regent Theater Bochum
Foto: Presse

Kunst der Kunst

28. November 2013

Yasmina Rezas Welterfolg im Bochumer Prinz Regent Theater – Theater Ruhr 12/13

Muss man Yasmina Rezas weltweit abgenudeltes Stück „Kunst“ heute noch in den Spielplan heben? Sicher nicht. Dass es Sibylle Broll-Pape im Bochumer Prinz Regent Theater dankenswerterweise dennoch tut, ist sicher auch dem amüsierfreudigen Publikum und dem Vorhandensein dreier ausgezeichneter Schauspieler (Wolfram Boelzle, Stephan Ullrich und Gerhard Roiß) geschuldet. Egal. Der Abend lohnt sich eigentlich immer, denn es sind immer zwei Blickwinkel, die den Betrachter an diesem Stück reizen, die aktuelle Inszenierung und die Reaktion des Publikums fast ein Jahrzehnt nach der Pariser Uraufführung.

Der Aufhänger für das psychologische Kammerspiel um die Freundschaft dreier doch ziemlich unterschiedlicher Männer ist immer noch das weiße Bild, das Serge, der formidable Typus eines intellektuellen Kunstliebhabers (wohlhabend und interessiert) gekauft hat und dessen Preis nicht nur die Freunde schallend lachen lässt. Auch im Publikum schmunzelt man immer noch ob dieser Obszönität einer teuren weißen Leinwand, wirft sich grinsend wissende Blicke zu, wenn Serge eigentlich überzeugend erklärt, warum dieses Bild nicht ganz billig war. Was ich mich immer frage, ist, ob sich dieses Verhalten ändern würde, wenn statt des fiktiven Malerfürsten Antrios das Ding von Gerhard Richter oder Francis Bacon stammen würde, dessen Triptychon gerade für 142 Millionen Dollar versteigert wurde. Dass Malewitsch 1915 mit einem rein schwarzen Bild (Schwarzes Quadrat auf weißem Grund) Kunstgeschichte geschrieben hat, würden ja wahrscheinlich auch nur die wenigsten wissen. Soweit das merkwürdig bleibende Publikum.

Auf der Bühne findet dagegen erfreuliches statt. Broll-Pape inszeniert wunderbar unaufgeregt um den rechten Bühnenausgang herum, ein Teppich, zwei Sessel reichen für die wechselnden Wohnungen der Freunde, nur der Hintergrund, die im Wohnraum aufgehängten Bilder unterscheiden sie extrem. Und daran entzündet sich der Streit, der sie fast auseinanderreißt. Die Regie setzt ausschließlich auf dieses Wortgefecht, das nicht einmal laut wird, aber ungemein hinterhältig und bissig. Wehren kann sich Yvan, der gerade auch noch heiraten will, gegen die egomanischen Besserwisser nicht, er verliert heulend das Gefecht und bringt doch alle wieder zusammen. Oder?

„Kunst“ | Di 10.12. 20 Uhr | Prinz Regent Theater Bochum | 0234 77 11 17

PETER ORTMANN

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