Diese Ausstellung steht unter einem besonderen Zeichen: Sie ist die Abschiedsausstellung von Ute Eskildsen, der Kuratorin der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwang. Eskildsen war ein Glücksfall für Essen mit ihren vorzüglichen Kontakten und ihrem riesigen Wissen. Ihre letzte Schau muss also etwas Herausragendes sein, auch wenn der Künstler, der Fotograf Chris Killip, hierzulande noch nicht so bekannt ist. Aber sie erfüllt alle Erwartungen. Zwischen Portrait- und Streetphotography besitzen Killips s/w-Aufnahmen eine enorme Präsenz und tragen dabei den Touch einer gerade vergangenen Zeit, aufgezeichnet vor allem in den 1970er und 1980er Jahren. Chris Killip liefert eindrucksvolle Studien über das raue Leben an der britischen Küste und auf der Isle of Man, wo er 1946 geboren wurde und aufgewachsen ist.
In der Summe der Serien ergibt sich eine Langzeitrecherche mit sozialen und urbanen Erkenntnissen. Was so nüchtern klingt, ist liebevoll und mit viel Gespür für den rechten Augenblick und die Wahrheit des Bildes entdeckt und bildnerisch umgesetzt. Immer wieder kommen die gleichen Typen vor, die Haare zerzaust, in robuster Kleidung, als Cliquen oder in Paarbeziehungen. Unmittelbar hinter einem Haus ragt ein Schiff auf; durch die Fensterzeilen eines Wohnhauses pfeift der Wind, unwirtliche Spielhallen laden mit geöffneter Tür ein. Zu sehen ist der Alltag auf der Straße, wobei Killip oft harte vertikale Schnitte im Bild setzt, die unterschiedliche Szenarien konfrontieren. Die Ansichten der Kleinstadt sind ungeschönt, das Ehepaar sitzt fein gekleidet inmitten von Abfall; Kinder spielen in Schmuddelecken; Arbeiter stehen an der Industriemaschine, oft sind Heranwachsende zu sehen – natürlich sind das auch Portraits einer bestimmten Generation.
Chris Killip etablierte sich mit diesen Bildern in der internationalen Fotografie. Seit 1991 lehrt er an der Havard University in Massachusetts. Mit seiner Fotografie ist er freilich noch nicht in Amerika angekommen: Nach wie vor gilt seine ganze Hinwendung dem Leben der einfachen Leute in England. Damit gehört er zu den Besten.
„Chris Killip – arbeit/work“ I bis 15.4. I Museum Folkwang, Essen I www.museum-folkwang.de
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