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„The Crazy Antiwar History Rallye - Wilhelm II.“
Foto: Alexandra Pitz

Sägen bis der Tod kommt

30. Mai 2018

„The Crazy Antiwar History Rallye – Wilhelm II.“ in Marl – Theater Ruhr 06/18

Manchmal macht der Tod Fehler, manchmal macht er sich einen Spaß daraus, die Welt in ein Unglück zu stürzen, wie es kaum ein zweites je gab. Der Erste Weltkrieg überschritt viele Demarkationslinien zur Menschenverachtung, zum Massenschlachten und zur Entwicklung neuer Waffengattungen. Zum Ende dieses ersten Weltenbrandes wollen auch die Ruhrfestspiele einen Friedensbeitrag leisten und auf die sich zuspitzenden geopolitischen Spannungen unserer Zeit hinweisen – mit einem Rockmusikdrama von Wolfsmehl im Theater Marl, passend zum diesjährigen Motto „Heimat“, auch passend zur Einbindung der Peripherie und passend zur, ich zitiere mal, „rasanten Verbindung von klassischem Sprechtheater mit moderner Theatermusik“ und weil „The Crazy Antiwar History Rallye – Wilhelm II.“ auch im Winter in Luxemburg die etwas entfernteren Europäer beglücken soll, wurden extra Songs komponiert, spartenübergreifend zwischen Rock und Rap.

Dummerweise ist in manchen Produkten nie das drin, was draufsteht, und so verhält es sich auch mit dieser fast dialogischen Hatz durch Wikipedia. Auf der Bühne ein interessantes hölzernes Ensemble aus umgestürzten Tischen, merkwürdigen Utensilien und einer beschrifteten Schublade: „Dachshund Erdmann 1890-1901“ (Bühne: Alexandra Pitz), ein Rocky-Horror-Tod wird anfangs „Krieg“ daneben sprühen und dann die ersten Monologe über die Rampe werfen. Ganz Spiegelbild Wilhelms des II., und der hatte bekanntlich auch einen an der Klatsche, Entschuldigung, psychosomatische Disharmonien natürlich, weswegen er sich mit 59 Güterwagons Mobiliar, einem Millionen schweren Restvermögen und Hauptmann von Ilsemann in ein holländisches Schlösschen verzog. Hier durfte er ungeköpft Holz sägen bis er starb, und so entwickelte sich die Choreografie in Marl auch. Rauf und runter, rechts wie links, geträllert wird schnulzig bis die Ohren schmerzen, die Band müht sich verzweifelt, die schlaffen Arrangements zusammenzuhalten, und auch in die Texte müsste vielleicht etwas mehr Empathie. Vom Schlachten der Bäume bis zum Verrücktmachen des Volkes reicht nicht, ein Rockmusikdrama sieht anders aus.

„The Crazy Antiwar History Rallye – Wilhelm II.“ | R: Stefan Maurer | Koproduktion Ruhrfestspiele Recklinghausen,Théâtre National du Luxembourg,Stadttheater Minden | Theater Marl | im November in Luxemburg

PETER ORTMANN

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