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„Brecht“
Foto: Brigitte Kraemer

Schlaflandschaft

31. Oktober 2013

„Brecht“ als Puppen-Vorlesung in Oberhausen – Theater Ruhr 11/13

Die Schwärmerei für die Natur kommt von der Unbewohnbarkeit der Städte. Also hat Suse Wächter, eine von Deutschlands renommiertesten PuppenbauerInnen und -spielerInnen ihren Brecht in Oberhausen in eine Schlaflandschaft gebettet, von wo aus das Publikum einer seiner denkwürdigen Theaterproben beiwohnen darf, während der Meister per Zeitmaschine ins 21. Jahrhundert katapultiert wird und dort seltsame Erfahrungen machen darf. Zusammen mit der Puppenspielerin Tine Hagemann und drei Ensemblemitgliedern des Oberhausener Theaters tauchen die Zuschauer ein in die Welt eines der „Helden des 20. Jahrhunderts", eine Menge Puppen, die die Puppenspielerin auf der Bühne schon lange begleiten. Dass auch „Schlafen eine Form von Kritik, besonders im Theater“ (Brecht) sein kann, könnte nach den anstrengenden zwei Schulstunden bewiesen sein. Zumindest ein zentrales Element der Brechtschen Theaterarbeit, der sogenannte Verfremdungseffekt, wird hängen bleiben, er wird schließlich erklärt, visualisiert und von den vier Musen (klar dass es bei Brecht nur Frauen sein dürfen) vorgespielt.

Dabei hatte Suse Wächter alle Möglichkeiten in der Hand, nicht nur den kleinen Puppen-Brecht mit kalter Zigarre, sondern auch die Hoheit über den Text, der als Zitatenbuch und Gedankenanker mit auf dem riesigen Bett allgegenwärtig zugegen war. Es geht also los mit „Ich, Bertolt Brecht, bin aus den schwarzen Wäldern“ und wohligem Räkeln zwischen dicken Kissen. Die Probenarbeit steht am Anfang der Inszenierung, eine Probe, die natürlich nie stattfinden wird, weil der Meister und seine Jünger sich erst einmal warmtheoretisieren müssen angesichts der Kälte der Wälder und des Fehlens von Rechten der Brecht-Erben. Im Hintergrund leuchtet nicht der Mond von Alabama, sondern ein unscharfes Tabletsurface, mit dem die Eleven den Meister mit den Mechanismen der neuen Welt bekannt machen. Beim Videospielchen versagt er, beim dilettantischen Rap versagt er die Aufmerksamkeit, nur das eingespielte „Raumschiff Enterprise“-Holodeck der „Generation Future“ sagt ihm wohl zu, bringt es ihn doch zusammen mit Laotse und Nietzsche, zwei weiteren Wegweiser-Puppen aus seiner polarisierenden Theatertheorie, zu der es bis heute keine Entsprechung gibt. Es ist ein schöner Abend, mit viel Witz, Helge Schneider, in dem Brecht Karl Valentin entdeckt, und ein paar Längen, die aber wegen der Kampagne fürs Rauchen entschuldigt sind.

„Brecht“ I 17.11./6.12./13.12./19.12. I Theater Oberhausen I www.theater-oberhausen.de

PETER ORTMANN

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