Alles hätte so schön sein können, wenn da nicht Eltern und Karriereleiter und Stand und Ehre und was weiß ich sonst noch eine unsichtbare Mauer aus Lug und Trug gebaut hätten, gegen die die beiden Liebenden erst anrennen und an der sie am Schluss verzweifeln. Die letzte Reise treten die blutjungen Menschlein zwar gemeinsam an, dennoch bleiben an Friedrich Schillers bürgerlichem Trauerspiel „Kabale und Liebe“ immer ein paar dramaturgische Zweifel. Denn die ganze Geschichte steht und fällt mit der vorsätzlichen Sprachlosigkeit und dem subjektiven Misstrauen, das penetrant bedient werden muss, um dem Stück zu seinem schrecklichen Ende zu verhelfen. Ferdinand kommt immer zu gut weg, dabei ist er nicht tragisches Opfer, sondern eher der Dummkopf in dieser Auseinandersetzung zwischen den Ständen Württembergs im 18. Jahrhundert.
Sibylle Broll-Pape inszeniert den aktuellen Abiturstoff um die schwierige Liaison zwischen dem adligen Major Ferdinand von Walter (Helge Salnikau) und Luise (Nagmeh Alaei), der Tochter des Musikus Miller, in ihrem Theater dementsprechend abwechslungsreich und ziemlich fragmentarisch. Am Stück interessiert sie nur die Liebe in ihrer schrecklichsten Form, die zwischen Himmel und Hölle irgendwann scheinbar nicht mehr unterscheiden kann. Der Abgrund ist unvermeidlich.
Ein wunderbares Bild gleich zu Beginn. Die Liebenden schaufeln haufenweise Blüten auf die nackte Bühne, ein buntes Meer, auf dem sie noch ausgelassen tanzen, bevor die Intrige ihre Pfeile aussendet. Ein in den Kostümen modernes Paar, deren Befindlichkeit oft mit der Musik der Indie-Band Archive gespiegelt wird. Die von Broll-Pape oft genutzte Videotechnik liefert in dieser Inszenierung dagegen nur Überschriften. Ausgezeichnet sind ihre Personenführung und die Choreografie auf der doch knappen Bühne. Nichts wirkt gestelzt oder aufgesagt; Schiller auf zeitgenössischem Sprachniveau, ohne seinen Rhythmus zu verfälschen.
Ein echter Hingucker ist der Hofmarschall von Kalb (Jan Arwed Maul), der im Prinz Regent Theater ein affektierter, ziemlich tumber Protagonist ist und immer zum Hit „Mr. Saxobeat“ von Alexandra Stan auftritt. Auch das wird die junge Seherschaft bestimmt vom Handy fernhalten.
„Kabale und Liebe“ von Friedrich Schiller | R: Sibylle Broll Pape | Fr. 14.12. 20 Uhr | Prinz Regent Theater Bochum
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