Die Definition von Glück orientiert sich ja immer an den Verhältnissen, in denen man aufwächst, lebt und altert. Das ist vergleichbar mit der Freiheit. Weltweit leiden Menschen unter Repressionen autoritärer Regime – bei uns ist Freiheit in Gesetz und Hymne gemeißelt. Aber auch hierzulande will man unzufrieden sein und rebellieren, also dehnt man den Freiheitsbegriff aus und versteht darunter zum Beispiel ein Leben ohne Tempolimit. Che im Porsche! Ähnliches gilt für das Glück: Es ist eine Frage der Definition. Den einen gereicht der Gesang eines Vogels in der Baumkrone zum puren Glücksmoment, anderen ist Glück an Konsum gekoppelt.
Eines aber haben die Menschen allesamt gemeinsam: Man sieht ihnen die Momente wahren Glücks unmittelbar an. Wenn in den Gesichtern die Sonne aufgeht vor Glück, vor Dankbarkeit, vor Demut. Wobei, Stopp, Quatsch: Deutschland! Das Glück, das unser Land seit Jahrzehnten gepachtet hat, kommt scheinbar so gar nicht an bei uns. Fragen sie mal andere Erdenbürger:innen, wenn die durch unsere Fußgängerzonen, Ämter oder Parks spazieren. Griesgram-Country. Den Tag nicht vor dem Abend loben. German Angst.
Im Alter aber wird dann auch der Deutsche milde, demütig und dankbar, sind es doch wohl auch hier zuerst die essenziellen Dinge, die wir fern der 65 mit Glück verbinden. Ist der Mensch im Ruhestand, dann möchte er in der Ruhe stehen. Gesundheit ist sein Wunsch ans Glück, und dass das Geld nicht bloß reicht zum Überleben. Dass man nicht einsam altert, und dass der Tod uns kurz und schmerzlos ereilt. Nun, in einem Land, das sich der Wahrung der Würde verpflichtet, ist es erst einmal am Staate dafür zu sorgen, ausnahmslos allen ein würdevolles Altern zu gewährleisten. Darin versagt die Politik längst tatkräftig, wenn sie ihre Bürger:innen schon heute einem absurd steilen Arm-Reich-Gefälle aussetzt. Und wenn der Staat zugleich hingebungsvoll die sozialen Berufe selbst in die Pflegebedürftigkeit wirtschaftet, dann ist es nicht mehr weit zu breiter Altersarmut und menschenunwürdigen Bedingungen am Pflegebett – bzw. längst Status quo. Man möchte gar nicht darüber nachdenken, was die Folgegenerationen überhaupt noch unter Altersglück verstehen werden.
Was bleibt? Während der Staat versagt, macht immerhin die Medizin Fortschritte, die Älteren vieles erleichtern und Leben verlängern. An den Bürger:innen selbst liegt es dann, das Leben zu füllen. Nur scheint es irgendwie im Kollektiv verankert, dass man sich vor dem Ruhestand keine Gedanken macht über den Ruhestand. Der Mensch ernährt sich ein Leben lang wenig vorteilhaft, er raucht, er säuft, er füllt seine Lungen tagtäglich mit giftiger Luft, die er selbst munter verantwortet und damit, nanu, nicht bloß den Planeten schädigt. Und seit den letzten zwei Dekaden fühlt er sich darüber hinaus über soziale Netzwerke dazu animiert, seinen Groll zu schulen und zu schärfen. Und dann hält der Wutbürger mit 65 die Hände auf und bittet um einen gesunden Ruhestand. So ist der Mensch. Wenn er jung ist, lebt er, als gäb’s kein morgen. Im Alter tut er so, als gab’s kein gestern.
Jeder ist seines Glückes Schmied – das stimmt zwar nur zum Teil, aber dieser Teil, der stimmt. Und so ist die Tendenz, dass sich immer mehr Senior:innen aktiv engagieren, sich auch online vernetzen und auf gemeinsame Abenteuer begeben durchaus vielversprechend. Zum Altersglück braucht‘s rüstige Rentner. Nur bedarf es mehr als bloß Glück zum Altersglück, wenn Glück und Freiheit zuallererst eine Frage des Geldes sind.
GLÜCKSVERSPRECHEN - Aktiv im Thema
migrapolis.de | Das Haus der Vielfalt in Bonn „nutzt und fördert die Potenziale unserer postmigrantischen Gesellschaft“ insbesondere durch Fortbildungs- und Beratungsangebote sowie Forschung.
integreater.de | In dem in Berlin ansässigen Verein „engagieren sich junge Menschen mit Migrationsgeschichte, um mit ihren Biografien Schülerinnen und Schüler zu empowern“.
idaev.de | Das Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e.V. in Düsseldorf bietet unter anderem Bildungsangebote zum Umgang mit Rassismus und Diskriminierung an.
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