trailer: Frau Hüttemeister, seit August wird das Planetarium aufwendig umgebaut. Was wird sich bis zur erhofften Wiedereröffnung im Januar alles verändert haben?
Susanne Hüttemeister: Was den größten Teil der Finanzen ausgemacht hat, war die Erneuerung der Projektionstechnik, das war nach zehn Jahren übermäßig fällig. Jetzt sind die Farben brillanter und die Auflösung ist mehr als verdoppelt. Wir sehen da jetzt Details, die haben wir vorher überhaupt noch nie gesehen. Außerdem wird es noch mehr Live-Kapazitäten geben, sodass wir im Livestream sehr viel mehr auf die Kuppel bringen können. Der zweite große Punkt ist der Innenausbau der Kuppel: neue Podeste, neuer Teppich, neue Stühle und eine neue Anordnung der Stühle. Die ist nun etwas runder und man wird von den wandnahen Plätzen aus eine bessere Sicht auf die Kuppel haben.
Als Auftaktveranstaltung für die Wiedereröffnung soll an einem Wochenende der „Immersive Hackaton“ stattfinden. Was hat es damit auf sich?
Den Hackaton veranstalten wir in Kooperation mit dem Places-Festival aus Gelsenkirchen mit fünf Hackerteams, die sich mit viel Abstand im Planetarium verteilen. Die Aufgabe wird sein, die Virtualität der VR-Brille mit dem Gedanken der gemeinsamen Virtualität in der Kuppel zusammenzubringen. Dabei haben die Teams ziemlich viel Freiheit in der Aufgabenstellung, sie können einen Datensatz oder etwas künstlerisch Abstraktes für die Kuppel visualisieren oder auch eine Interaktion mit dem Publikum umsetzen. Die Teams haben 24 Stunden Zeit, etwas zu entwickeln, das man in irgendeiner Form auf der Kuppel zeigen kann.Nach der Wiedereröffnungwäre dann unter Corona-Bedingungen mit 50 bis maximal 80 Besuchern wieder normaler öffentlicher Betrieb.
„Ein immersives kulturelles Erlebnis“
Auf eine Art und Weise arbeitet das Planetarium ja schon immer mit der Technik der Immersion.
Auf eine Art und Weise tut es das seit 100 Jahren, seit das Planetarium 1923 erfunden wurde. Auch wenn man in die Beschreibungen der ersten Sternenprojektion aus dem Jahr 1923 schaut – das, was da beschrieben wird, ist eigentlich Immersion. Damals gab es den Begriff noch nicht, aber ich versetze mich in den Sternenhimmel, so als ob die Kuppel gar nicht da wäre und ich tauche ein in den Sternenhimmel. Und so kann man natürlich sagen, dass das Planetarium schon länger als alles andere ein immersives kulturelles Erlebnis gestaltet.
Mit den VR-Brillen wird nun versucht der nächste Schritt zu gehen?
Jein. Die VR-Brillen sind ja eine Parallelentwicklung und sie sind doch etwas anderes. Und jetzt sieht man, dass die Brillen und die digitale Ausgestaltung der Planetariumskuppel beide etwas mit Immersion zu tun. Nun sehen wir, wie man sich gegenseitig inspirieren kann.
Neben den Shows der letzten Jahre, zeigen Sie zur Wiedereröffnung auch zwei neue Shows. Die erste neue Show wird „Zu den Sternen“ sein.
Das ist eine Astronomieshow aus eigener Produktion, die unsere Stärken ausspielt. Denn unsere Projektoren sind besonders dunkel, sodass sie den Himmel nicht aufhellen. Das heißt ich kann die Sternenhimmelprojektion und die digitale Projektion perfekt miteinander mischen. Diese Show nimmt das Publikum wirklich mit zu den Sternen. Von den klassischen Sternenbildern bis zum Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße. Aber immer geht es darum, was man von der Erde aus sieht, wie der Himmel aussieht, und dann machen wir uns auf den Weg zu den Sternen.
Welche wird die zweite neue Show sein?
Geplant ist „FLOW – Visions of Time“ geben, eine sehr besondere Musikshow, da ganz anders als bei anderen Musikshows Musik und Bild gemeinsam entstehen. Der Videokünstler Rocco Helmchen und der Komponist Johannes Kraas entwickeln Bild und Musik tatsächlich im Zusammenhang. Die Musik funktioniert nicht ohne das Bild und das Bild nicht ohne die Musik. Und das ist natürlich nochmal eine andere Qualität.
„Jupiter und Saturn kommen sich im Augenblick immer näher“
Treffen mit Freunden finden momentan oft draußen statt - eine gute Gelegenheit gemeinsam den Nachthimmel zu erkunden. Gibt es besondere Phänomene, die wir im Dezember beobachten können?
Es gibt sogar eine weihnachtliche Besonderheit! Die beiden größten Planeten im Sonnensystem, der Jupiter und der Saturn, kommen sich im Augenblick immer näher. Real kommen sie sich überhaupt nicht nah, aber am Himmel näheren sie sich scheinbar an. So etwas nennt man eine große Konjunktion, die gibt es alle 20 Jahre. Die engste Annährung ist am 21. Dezember. Zu beobachten ist das nur am ganz frühen Abend gegen 18 Uhr, im Südwesten eine Handbreit über dem Horizont. Das Weihnachtliche an der Sache ist, dass der klassische Stern von Bethlehem, wenn er denn tatsächlich ein reales astronomisches Ereignis war, möglicherweise die große Konjunktion von Jupiter und Saturn im Jahr 7 vor Christus war.
Mit Blick auf die Straßen und auf die Nachrichten haben viele Menschen das Gefühl, das Weltgeschehen spiele auf vielerlei Ebenen komplett verrückt. Wird sich dieser Eindruck auch in Ihrem neuen Programm wiederspiegeln oder kann man bei einem Besuch im Planetarium eher ein wenig Eskapismus üben?
Das Planetarium ist ja viel mehr als Bildung, es ist immer Reise. Das kann eine Reise in die Welt der Fantasie sein, wie bei „FLOW“, wo ich in Welten reise, die gar keinen alltagsweltlichen Gegenpart haben. Aber ich kann auch in die Weiten des real existierenden Universums reisen, wie zum galaktischen Zentrum mal so eben 25.000 Lichtjahre. Und so ist es immer ein kleines Entkommen, klar.
Planetarium Bochum | planetarium-bochum.de | 0221 28 02 14
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