Die Musik ertönt. Das Spektakel beginnt. Eingetaucht in rotes Zwielicht beginnt die Band Botanica in ihren Glamrockoutfits, irgendwo zwischen Berliner Kabarett der 1920er und frühem David Bowie zu spielen. Der Vorhang öffnet sich, und auf einem riesigen Kubus steht in großen, beleuchteten Lettern „Gott“, und spätestens da weiß man: Das wird ein großartiger Theaterabend. Kay Voges’ Theateradaption von Michail Bulgakows Roman „Der Meister und Margarita“ teilt den russischen Wälzer in Einzelepisoden, um die komplex verwobene Geschichte-in-der-Geschichte-in-der-Geschichte handhabbar zu machen. Da ist zunächst der Teufel, der sich in Moskau, der Stadt des Atheismus, für die Existenz Gottes ausspricht. Überfordert davon, dass offensichtlich ist, was nicht sein darf, landet der Genosse Besdomny in der Irrenanstalt. Dort lernt er den Insassen „Meister“ kennen, der den Verlust seiner großen Liebe Margarita beweint, die ihm einst, überzeugt von seinem literarischen Talent, diesen Namen gab. Sein Roman „Pontius Pilatus“, eine Geschichte über Leben und Sterben Jeschuas, ist allerdings nie erschienen; er wird aber als parallele Handlung erzählt. Margarita wird die Ballkönigin des Teufels, der sie schließlich mit ihrem Geliebten in der Unterwelt vereint. Dazwischen treiben des Teufels Gehilfen, eine Hexe und ein überdimensionaler Kater, Schabernack, und Goethes Gretchen ist auch da. Das klingt verwirrend, klappt aber auf der Bühne erstaunlich gut, denn Voges‘ Adaption lebt vom multimedialen Zusammenspiel.
Die Kompositionen von Paul Wallfisch halten die Handlungsfäden zusammen, unterstreichen und kommentieren das Geschehen mit düsterer Melancholie. Die Bühne, der sich drehende Kubus mit den Wörtern Gott-Zweifel-Love-Money, ermöglicht die wahnwitzigen Raum-im-Raum-Bilder, passend zur Geschichte-in-der-Geschichte. Die Videoprojektionen, ein Griff, an dem man sich eigentlich schon längst müde gesehen hat, werden hier gekonnt als Realitätserschaffer und -verwischer eingesetzt. Dazu ein Ensemble in Hochform. Vor allem Caroline Hanke als Jesus am Kreuz sticht heraus. Ihre verzweifelten Schmerzensschreie hallen nach, als sich der Vorhang schon längst geschlossen hat. Warum aber auch diese Inszenierung auf die Haut, das nontextile Kostüm, setzt, bleibt offen. Woran glaubst du? Im Zweifel an nackte Haut.
„Der Meister und Margarita“ I Fr 25.5, 19.30 Uhr I Theater Dortmund I 0231 502 72 22
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