Beeindruckende Akrobatik, Musik und Tanz: Im Theaterstück „Trial & Error“ verbünden sich sechs Künstler*innen unter der Regie von Frank Hörner und Christian Eggert zu einem Ensemble. „Trial & Error“ zeigt das Prinzip „falscher“ Rechenweg, richtiges Ergebnis. Wo kommt die Stimme der Vernunft her? Wie finde ich den Weg zur Autonomie und zum Selbstbewusstsein in meinen Entscheidungen?
Kinderwelt
Die kleine Bühne der Flottmann-Hallen liegt auf Augenhöhe mit dem Publikum und ist schlicht gehalten. In den ersten Reihen warten viele Kinder im Grundschulalter gespannt darauf, dass es endlich losgeht. Die Bühne ist blau ausgeleuchtet, die Wände der Kulisse werden von sechs weißen Rechtecken geziert. Diese entpuppen sich als membranähnliche Öffnungen, aus welchen der Protagonist auf die Bühne springt; so, als würden diese Öffnungen die Eigenwelt und Imagination des Kindes von der Wahrnehmung und Gefühlswelt der Erwachsenen trennen.
Eines der Kinder entdeckt einen Apfel, der an einem Seil von der Decke hängt, und sein Interesse scheint sofort geweckt zu sein. Der Startschuss für eine Aneinanderreihung von Versuchen, an den Apfel zu gelangen. Es wird gefährlich, es wird riskant, es werden Menschen in die Höhe geworfen und Schultern bestiegen. Obwohl es so aussieht, als hätte der Apfel ein Komplott geschmiedet, um die Gruppe an der Nase herumzuführen, geben sie nicht auf. Es geht um die Frage, was passieren würde, hätten Kinder die komplette Freiheit, auszuprobieren und Grenzen zu testen. Totales Chaos? Überraschenderweise nicht. In den verschiedenen Situationen, denen sie begegnen, findet sich nach einer Menge experimentieren und probieren immer eine Lösung.
Besser scheitern
Das Stück greift Thematiken wie Missgunst, Neid, Widerstands- und Willenskraft auf. Ein interessanter Blickwinkel auf kindliche Neugier und wie man am besten mit dieser umgeht.
„Immer versucht, immer gescheitert. Egal. Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern.“ Dieses Zitat des irischen Schriftstellers Samuel Beckett wird auf eine Leinwand projiziert und betont nochmals die Hauptaussage des Stücks: die Wichtigkeit des Scheiterns bei der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Wenn man Kindern die richtigen Werkzeuge gibt, um Moral und gesunde Vorsicht zu entwickeln, schafft man den Grundstein für erfolgreiches Scheitern. Fehler werden nicht verteufelt und um jeden Preis verhindert, sondern sogar bestärkt. Nur so ist es möglich, sich weiterzuentwickeln und zu Bewältigungsmechanismen, Moral und Selbstwertgefühl zu finden.
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