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22. Dezember 2016

Rudolf Knubel in Ahlen und Herne – Ruhrkunst 01/17

Rudolf Knubel (geb. 1938 in Münster) hat von 1968 bis 2004 an der Folkwang Schule für Gestaltung in Essen gelehrt. 1969 hat er die Künstlergruppe B1 mitbegründet, die der Rolle der Kunst in der Öffentlichkeit nachging. Seine modularen Skulpturen im öffentlichen Raum sind Ausdruck dieser Hinterfragung. Zwar lassen sie sich der konstruktiven Kunst zurechnen, doch schon in ihrer potenziellen Fortsetzbarkeit verwirklichen sie Vitalität. Wie sehr die Kunst von Rudolf Knubel verschiedene Temperierungen anschlägt, verdeutlichen nun Ausstellungen, die parallel in Ahlen und Herne und mit Verzögerung in Bonn stattfinden. Das Landesmuseum Bonn widmet sich den fotografischen Serien, die Knubel in der Natur aufgenommen hat. Die Flottmann-Hallen in Herne zeigen die frühen, geometrischen Skulpturen, die Formverläufe repetieren, sowie spätere Zeichnungsfolgen.

Hingegen wendet sich das Kunstmuseum Ahlen den Malereien und Zeichnungen zu: Hier wird deutlich, dass am Anfang die energisch freie Geste stand. An der Berliner Hochschule hat Knubel bei dem tachistischen Maler Fred Thieler studiert; 1964 war er an der Gründung der Produzentengalerie „Großgörschen 35“ in Berlin-Schöneberg mit expressiven Malern wie Hödicke und Lüpertz beteiligt. Knubel beginnt schon bald, in Werkgruppen zu arbeiten. Das Kunstmuseum Ahlen zeigt mehrere dieser Zyklen mit formalen Untersuchungen (etwa als Um- oder Überlagerungen von Flächen und Streifen sowie Variationen der Farben) oder gesellschaftlichen und zeithistorischen Themen. Seine jüngsten Pastellzeichnungen sind von Mosaiken inspiriert, die Knubel auf Reisen in den Iran gesehen hat. Auf 9/11 hat er mit einer Serie reagiert, bei der weiße Streifen über collagiertem Fotomaterial zu dieser Tragödie liegen: als Möglichkeit der Abstandnahme. Eine Wandarbeit vergegenwärtigt die Hinrichtung der Widerstandskämpferin Mildred Harnack-Fish im KZ Berlin-Plötzensee. Dazu hat Knubel den Boden des Konzentrationslagers als Frottage abgerieben. Vielleicht ist dieses Vermögen, Mitgefühl in bildnerische Form zu übersetzen, die größte der vielen Leistungen von Rudolf Knubel.

„Rudolf Knubel: Mit den Augen denken. Retrospektive“ | bis 22.1. | Kunstmuseum Ahlen, Flottmann-Hallen Herne | 02382 91 83 50

THOMAS HIRSCH

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