Bochum, 1. Oktober – Der Unterschied könnte größer kaum sein: Der Hype im Apple Store am Hamburger Jungfernstieg, an dem Tag als die Firma ihr neuestes iPhone feilbietet und ein Arbeitstag in einer Zinn-Mine in Ruanda, wo das sogenannte „Konfliktmineral“ unter prekären Bedingungen abgebaut wird; darunter versteht man Rohstoffe, durch die bewaffnete Konflikte finanziert werden. Filmemacher Rasmus Gerlach nimmt in den „Apple Stories“ die Herstellungskette eines iPhone von A-Z filmisch unter die Lupe und entdeckt bei einer kritischen NGO in China den Begriff iSlave, mit dem sowohl die ArbeiterInnen gemeint sind, die die Mobiltelefone zu Dumping-Löhnen herstellen als auch die permanent erreichbaren Endnutzer. Im Endstation.Kino in Bochum gab es nach dem Film ausführlich die Gelegenheit zum Gespräch mit Wolfgang Schaumberg, Aktivist beim Forum Arbeitswelten, der einen fundierten Einblick in Hoffnungen und Nöte und die strukturellen Probleme der rund 260 Mio. Wanderarbeiter in China geben konnte.
Weil diese Menschen sich in den Großstädten fern ihrer Dörfer nicht registrieren lassen können, ist ihnen der freie Umzug an den Ort ihrer Wahl quasi unmöglich. Der Aufenthalt ohne bürgerliche Rechte ist immer befristet. 2010 gab es bei Foxconn, der Firma, die für Apple exklusiv in China produziert, eine Serie von Selbstmorden unter den ArbeiterInnen, die eine große öffentliche Debatte um die Arbeitsbedingungen ausgelöst hatten. Laut Wolfgang Schaumberg ist es um das Arbeitsrecht nach dem Gesetz in China gar nicht so schlecht bestellt; allein hapert es daran, dass die Leute tatsächlich zu ihrem Recht kommen. Grassierende Korruption ist ein Thema genauso wie die mangelnden Möglichkeiten der ArbeiterInnen sich zu organisieren. Die Gewerkschaften haben zwar Traum-Mitgliederzahlen, aber es seien eher die Geschäftsführer der Betriebe, die dort den Vorsitz innehaben. Da die sogenannten Arbeitnehmer-Vertreter nicht die Interessen der Belegschaften vertreten, ist laut Schaumberg eine heiße Debatte um deren Sinn und Zweck entbrannt. Auch in der Kommunistischen Partei Chinas gäbe es überproportional viele Millionäre und inzwischen Milliardäre, die dort ihre Pfründe verwalten. Eigene Strukturen könnten in diesem Umfeld nur über die sehr aktiven Nichtregierungsorganisationen (NGO) aufgebaut werden. Viele kritische Geister hat Wolfgang Schaumberg auch immer wieder an den Universitäten getroffen, und er konstatiert es würde „viel mehr diskutiert und kritisiert in China als man hier meint.“ Seine ersten Kontakte nach China hatte er zunächst als langjähriges Betriebsratsmitglied bei Opel gemacht. Seit die Firmen global agieren, sei man gezwungen, sich auch unter den Arbeitnehmern weltweit zu vernetzen. Schaumberg ist zuversichtlich, dass in Zukunft der enge Austausch auf Arbeitnehmer-Ebene global zum Nutzen aller sein wird. Inzwischen gleichen sich die Arbeitsbedingungen immer mehr an. Beispielsweise gibt es auch bei uns inzwischen immer mehr befristete Verträge. Kinder lernen überall auf der Welt englisch, sodass es zumindest eine gemeinsame Sprache für einen Austausch gibt. China sei uns längst nicht mehr so fremd wie vor 20 Jahren.
Am Ende blieb die nachdenkliche Frage von einem Zuschauer, der auch iPhone-Nutzer ist, ob damit geholfen wäre, wenn er auf solche Geräte verzichtet. Ein kritisches Konsumverhalten und beim nächsten Kauf auf ein fair gehandeltes Gerät zu achten, wurde genauso erörtert, wie die Notwendigkeit, dass die Menschen in der Herstellung ermächtigt werden müssen, eigene Forderungen durchzusetzen.
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