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„Macbeth“
Foto: Martin Kaufhold

Wenn aus Trieben Federn schnellen

27. November 2014

„Macbeth“ im Bochumer Prinz Regent Theater – Theater Ruhr 12/14

Wo ist der Ort, wo Gras verdorrt? Sicher nicht im Bochumer Prinz Regent Theater, wo Sibylle Broll-Pape ihre letzte Inszenierung erarbeitet hat. Blutiger Mord, kichernde Hexen und wandelnde Wälder sind dort die Zutaten für Shakespeares „Macbeth“, das berühmte Psychodrama über den zähen Kampf um eine Krone, den letzten Endes die Dämonen im Heerführer Macbeth entscheiden.

Nach der Premiere sagte die Theaterchefin, das Stück bringe auf dem Spielplan angeblich kein Glück, weshalb sie es sich bis zum Schluss aufgespart habe. Doch der Abend zeigt, dass es durchaus auch im Prinz Regent gut aufgehoben ist. Macbeth wird am runden Tisch verhandelt, fünf Schauspieler zelebrieren den Klassiker in Text und Geräusch, sie hecheln nach der Krone in der Tischmitte, sie krächzen wie die Nachtvögel, sie umkreisen sich tänzelnd, während sie Rolle und Kostüm wechseln, nur Macbeth und seine Lady bleiben sich dabei treu – auch im Glauben um die ersehnte Macht.

Die Zeit bleibt dabei undefiniert, alle tragen in der Grundausstattung (Trixy Royeck) eine blaue Levis und ein weißes T-Shirt, ein paar wenige Requisiten reichen aus, um die Tragödie auch dramaturgisch strategisch zu realisieren, die neben der gekonnten Personenführung auch deren Definition geschickt verifiziert. Lady Macbeth ist nicht die treibende Kraft hinter dem Gatten, der irgendwann dem klassischen Krankheitsbild der paranoiden Schizophrenie erliegt.

Und dennoch, auch in dieser ganz eigenen Inszenierung bleibt die Macht des Stückes konsequent erhalten, ein Verdienst der Regie und der Schauspieler. Eigentlich hätten sie es nicht nötig gehabt, den Monolog des Pförtners in eine Ruhrpottdeutsch-Orgie zu verwandeln, dabei Grönemeyers „Bochum“ und den VfL Bochum zu zitieren, es bleibt der einzige Wermutstropfen in einem richtig sehenswerten Abend, an dem die Zuschauer wie einst im alten London im Kreis herumsitzen.

Am Ende muss der Thronräuber wie immer sterben, die Dämonen in ihm selbst haben ihn zu Fall gebracht, und doch, irgendwie könnten wir alle so sein wie er, wenn wir vielleicht einmal Hexen begegnen.

„Macbeth“ | R: Sibylle Broll-Pape | Sa 29.11., Mi 3.12. 19.30 Uhr | Prinz Regent Theater Bochum | 0234 77 11 17

PETER ORTMANN

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