Zwei wie Pech und Schwefel. Oder wie Salome und Jochanaan. Sie eine Prinzessin, die immer kriegt was sie will, er ein Prophet, der nichts will, aber seinen Kopf verlieren wird. Der Belgier Stef Lernous inszeniert in Oberhausen diese gruselige Macht-Geschichte aus dem Neuen Testament, der Ire Oscar Wilde hat sie etwas mehr erotisiert und so unter das prüde viktorianische Volk der Briten gestreut, das ihn schnell in den Kerker und krank nach Frankreich abschob. Hard Brexit schon damals.
Lernous, der an gleicher Stätte mit seiner geschlossenen Schlachthoftruppe (Abattoir Fermé) schon Wedekinds „Lulu“ auf die Bühne gedröhnt hatte (inklusive Bratwurst grillen) läßt es diesmal etwas stiller, aber nicht weniger abstrus angehen. Für den Plot im heruntergekommenen Königshaus aufm Campingplatz hat er mit dem Ruhrgebiets-Barden Tom Liwa ein paar Songs für den leichten Musiktheater-Abend geschrieben; Bier in Dosen gibt’s auf der Bühne an jeder Ecke, ne wackelige Showtreppe auch. Alles Sein auf der Bühne soll eingebettet werden in die Befindlichkeit des armen US-amerikanischen Südens, wo Gewalt und Gospel eine Melange aus Sozialhilfe und Lynchjustiz bilden. So jedenfalls erklärt die Regie das Bild auf der Bühne. Alles nur aus schmerzverzehrter Langeweile, in die Jochanaan an einem ganz normalen Tag wie Michael Douglas einfällt und mit seinem Bürohengst-Habitus die junge Frau betört. Nun ist Tom Liwa nicht die Tiger Lillies und Salome nicht Lulu und Daniel Rothaug nur optisch William Foster (leider). Also lobet den Herrn und betet an das Ungeheuer. Wer knutscht schon einen angeschnittenen Kopf?
„Salome“ | R: Stef Lernous | 9., 16., 20.3. je 19.30 Uhr, 24.3. 18 Uhr | Theater Oberhausen | www.theater-oberhausen.de
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