Bochum, 24.01. - Das Dokumentarfilmfest „Stranger than Fiction“ legte in Bochum mit einem Heimatfilm los, der nur einen Steinwurf entfernt seinen Schauplatz hatte: „Arbeit. Heimat. Opel“. Die Filmemacher Ulrike Franke und Michael Loeken begleiteten über ein Jahr sechs Jugendliche, die 2009 ihre Ausbildung bei Opel begannen. Sie stellten ihre ganz bodenständigen Lebensvorstellungen, ihre Angst vor dem sozialen Abstieg und ihren Bezug zum Ruhrgebiet, heraus. Wenn sich die Zukunftspläne der Jungs auch im Detail unterschieden - einige wollten später studieren, andere sofort Geld verdienen - der Wunsch nach Beständigkeit und Sicherheit schien bei allen durch. Doch genau eben dieser Wunsch ist in Gefahr geraten, wie Franke und Loeken mit Einspielern beunruhigender Nachrichten über die Pläne des Mutterkonzerns General Motors verdeutlichten. Die anfängliche Naivität und das politische Desinteresse der Jungs wich mit der Zeit einer langsamen einsetzenden Desillusion und einer Sensibilisierung für die aussichtslose Lage der „Opelaner“.
Im Anschluss an den Film betonte Michael Loeken, dass es von vorneherein sein Wunsch war, etwas Wahrhaftiges zu schaffen. Daher war er erfreut, einen guten Zugang zu den Jungs und dem Meister gefunden und eine Vertrauensbasis geschaffen zu haben. Zu oft würden in den täglichen Fernsehformaten Menschen lächerlich gemacht, sodass eine Skepsis bestünde, sich Filmschaffenden zu öffnen. Aufgrund des guten Verhältnisses konnten Michael Loeken und Ulrike Franke jedoch „echte“ Momente dokumentieren, die in ihrer Normalität den Zuschauern ein gelegentliches Lachen entlockten. Wenn z.B. einer der Jungs dem Meister eine 1000fach gehörte Rechtfertigung lieferte, warum er sich gerade mit seinem Handy ablenkte oder ein anderer nach einem Urlaub in Norddeutschland wieder froh war, im Ruhrgebiet zu sein, weil es da doch einfach am schönsten sei.
Entstanden ist der Film als Folge der Installation „Next Generation“ für RUHR.2010. In dieser hatten Franke und Loeken die Gedanken verschiedener Jugendliche über ihre Zukunft zusammengeschnitten. Nach der Installation bestand ein großes Interesse dieses Thema zu vertiefen und so hatten sie zusammen mit dem Schauspielhaus Bochum bei den Opel-Werken für eine längere Drehgenehmigung angefragt. Sie hätten von Anfang an mit offenen Karten gespielt, berichtete Loeken, und so zeigten sich die Opelwerke sehr aufgeschlossen. Dass die Chemie zwischen den Jungs, dem Meister und ihnen selbst so gut gestimmt hätte, sei dann jedoch einfach glücklich gewesen. Nach der Fertigstellung des Films hätten sie sich den Film gemeinsam angeschaut. Als einer der Jungs, André, währenddessen allerdings den Raum verließ, hatte er geglaubt, dass seine Befürchtung, nicht allen Charakteren gerecht geworden zu sein, wahr geworden sei. Doch André hatte nur Bier geholt. Der Film sei bei allen Beteiligten auf Zustimmung gestoßen.
So auch bei den Zuschauern. Die Intention, etwas Wahrhaftiges zu schaffen, war aufgegangen. Doch ob der Film auch außerhalb des Ruhrgebiets funktioniere? Sicherlich, der Bezug zu den Bochumer Opelwerken sei an das Ruhrgebiet gebunden, räumte Loeken ein, doch die Fragen nach gesicherter Zukunft, Arbeit und Heimat seien überall die gleichen.
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