Es ist eines der Einfallstore in die Dortmunder Nordstadt, das Graffiti-KünstlerInnen besprüht haben. Ein bunter Urwald erstrahlt, ein Gorilla brüllt. Und ein Slogan verrät: „Welcome to the Jungle“. Gemalt haben es Sprayer aus dem Stadtteil. BewohnerInnen laufen hier tagtäglich vorbei. Ohne Klagen. „Absolut rassistisch“, meint dagegen die Autorin Alice Hasters. „Der Vergleich von schwarzen Menschen und Affen gehört nicht der Vergangenheit an“, kritisiert sie. Szenen aus deutschen Fußballstadien geben ihr da durchaus Recht.
Doch der Journalistin ging es gar nicht in erster Linie um diesen bewussten Rassismus von rechtsaußen. Was sie aufrollt, ist die Wirkung von Bildern und Aussagen. „Es heißt, dass viele Leute kein Problem damit haben, das zu reproduzieren“, sagt sie über einen Rassismus, den sie im erwähnten Graffiti-Werk sieht und den sie mit ihrem vielbeachteten Buch verarbeiten wollte. Der Titel: „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“. Insgesamt 550 Gäste wollten ihre Thesen hören. Eine ordentliche Kulisse also für das mittlerweile vierjährige Jubiläum des Dietrich-Keuning-Talks, den wie immer der Politikwissenschaftler Aladin El-Mafaalani moderierte.
Hasters blickt in ihrem Buch bis in die blutige Kolonialvergangenheit zurück, die noch immer den Diskurs bestimmt. „Rassismus ist hunderte Jahre alt und hat diese Welt geprägt“, sagt sie. Auch akademische Begriffe fallen in ihren Ausführungen, etwa das „Othering“, das Machtstrukturen dadurch festigt, das es bestimmte Gruppen als Andere benennt und ausschließt. „Tokenism“, eine andere Bezeichnung aus dem Englischen, verweist dagegen auf Wahrnehmungen, in denen Individuen ausschließlich als VertreterInnen einer Gruppe eingeordnet werden.
Genauso wie in ihrem Buch versucht die Autorin diese gesellschaftskritischen Zusammenhänge auch an diesen Freitagabend zu vermitteln. Und den Blick auf die Strukturen zu lenken, die oft auch Antirassisten nicht bemerkten. „Man kann nicht nicht rassistisch“, sagt Hasters. „Wir tun es alle, nicht nur weiße Menschen.“ Trotzdem unterscheidet die Kölnerin natürlich und wehrt sich gegen Vorwürfe, die auch in den Fragen aus dem Publikum mitschwingen. Zusammengefasst lässt sich diese Skepsis so wiedergeben: Bauen schwarze Menschen nicht unnötig Hürden eines multikulturellen Miteinanders, wenn sie sich von weißen Menschen abgrenzen?
„Ich treibe keinen Keil durch die Gesellschaft, sondern zeige nur Verhältnisse auf, die da sind“, verteidigt sich Hasters. „Schwarz sein ist eine politische Kategorie. Ich werde schwarzen Menschen zugerechnet und fühle mich ihnen verbunden.“ Es gehe ihr um Machtstrukturen, die Menschen bestimmte Rollenbilder aufdrängen, sie benachteiligen oder gar in die Kriminalität drängen, so die 1989 geborene Autorin: „Weiße Menschen werden nicht strukturell benachteiligt.“
Subjektive Intentionen seien in dem Fall oft irrelevant. Denn rassistische Wirkungen könnten sich selbst in Beziehungen einstellen, so Hasters: „Auch Liebe löscht Rassismus nicht aus.“ Doch auch dann gehe es ihr darum, den Partner aufzuklären: „Es muss kein Trennungsgrund sein.“
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