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Dem Affen wird Baudrillard statt Zucker gegeben
Foto: Susanna Drescher

Anschauungsobjekt Tod

28. Juli 2011

Die Schweizer CapriConnection in Bochum - Theater Ruhr 08/11

Der Tod ist niemals dort, wo man ihn erwartet. Es gab ihn auch nie, den Tod der Moderne. Das war eine Metapher aus den 1980ern, als die künstlerische Avantgarde diesen forderte, mit viel Eigennutz. Jetzt schlägt der nicht eingetretene Tod in den Kammerspielen wieder zu – mit einer Schweizer Theatertruppe gewürzt mit Barockmusik. Das Musiktheater „Ars moriendi“ ist eine Zusammenarbeit zwischen der freien Schweizer Theatercompagnie CapriConnection mit der Basler Hochschule für alte Musik. Unter der musikalischen Leitung des Barockspezialisten Anthony Rooley lassen zwölf Sängerinnen und Musiker aus dem engeren Umfeld der Schola Cantorum englische Barockkompositionen aus dem Themenkreis des Sterbens wiederauferstehen. Der rote Faden ist eine der hochspezialisierten Schwafeldiskussionen in Tübingen 1983 über und mit dem französischen Soziologen Jean Baudrillard.

CapriConnection hat das dokumentarische Material, Die über drei Tage andauernde Zusammenkunft der Philosophen wurde damals auf Tonband dokumentiert und unter dem Titel «Tod der Moderne» von Claudia Gehrke in ihrem legendären Konkursbuchverlag veröffentlicht. Auch sie kommt in der realfiktiven Rahmengeschichte genau wie Gerd Bergfleth, Michael Rutschky, oder Ulrich Sonnemann zu Wort, nicht aber eine Gruppe Menschenaffen, die zu Beginn des Stücks in ein futuristisches Museum eindringen und ausgestellte Devotionalien wie Tonband, Diaprojektor oder auch nur den Knochen unter einer Käseglocke begutachten. Dazu die deutsche Erstausgabe von Baudrillards "Der symbolische Tausch und der Tod", Anlass und Uhrfeder der Tübinger Philophiedebatte.

Mag die Revue von Gehrke (Susanne Abelein), die damals organisierte, wie alle rauchte und nach den langen Sitzung ein wenig unverbindlichen Sex hatte, auch am Auge und als ironische Rückblende passieren, spätestens wenn die selbst ernannten Heroen von damals die dünne Suppe erneut aufkochen, wird Lebenszeit über Gebühr verbraucht. Inszeniert hat das die Theater- und Opernregisseurin Anna-Sophie Mahler. Dann schon lieber die «Funeral Music for Queen Mary» (1693) von Henry Purcell.

„Ars moriendi“ von Capri Connection und S.C.B.
Theater Festival Impulse 2011

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PETER ORTMANN

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