Noch weit vor unserer heutigen, vom Handelsverkehr getränkten Bedeutung des Wortes „Globalisierung“ fand eine erste Erschließung des unentdeckten Fremden statt. Kollisionen mit anderen Völkern, die nicht nur eine Neuausrichtung von Karten, sondern der eigenen Existenz zur Folge hatten, veränderten die Vorstellungen der Lebenswelt damals ebenso nachhaltig wie die transnationale Vernetzung zum globalen Dorf es heute tut. Gerhard Mercator, dessen 500. Geburtstag man gestern in Duisburg feierte, ist bis heute einer der Protagonisten dieser Zeit geblieben. Seine „Mercator-Projektion“ ist bis heute eine angewandte Methode zur Vermessung von Land- und Wasserflächen.
Das zum 34. Mal ausgerufene Theatertreffen der „Duisburger Akzente“, das am Samstag mit dem Goethe-Stück „Egmont“ seinen Start feierte, steht daher ganz im Zeichen des Kartographen und Pioniers. Auch die eingeladenen Stücke tragen Titel, mit denen man den Versuch einer (Neu-)Verortung des Menschen verbindet. Raum als Heimat oder Asyl, Werbe- oder Performancefläche, Freiheit- oder Kontrollebene.
So auch im Falle des heute laufenden Stückes „Amerika“. In dem Gastspiel des Thalia Theaters wird Kafkas Roman als langes und scheinbar endloses Vertreibungsszenario in das Land der Vertriebenen inszeniert. „Amerika“ thematisiert dabei ebenso die Heimatlosigkeit wie die damit verbundene Angst vor dem sozialen Abstieg (Dienstag, 6.3. 20 Uhr).
Die Vermessung des Raumes trägt das Stück „52,3°Nord – Eine Einladung zum Fremdsein“ im Titel. Die Breitengradzahl entspricht Berlin, die Stadt mit Menschen aus 184 verschiedenen Nationen. Ab wann ist man hier wirklich daheim und wie wird eine Identität mit der fremden Heimat hergestellt? Die Performerinnen auf der Bühne machen aus diesen Fragen ein multimediales Experiment über das Fremdsein, bei dem die Erfahrungen der Zuschauer direkt aufgegriffen werden (Montag, Dienstag und Mittwoch je 20 Uhr). Auf der Zielgraden der Akzente dann noch mal was besonderes: Mit einem Gastspiel des Deutschen Theaters Berlin wird das Festival am 16.3. beendet. In Roland Schimmelpfennigs „Die vier Himmelsrichtungen“ kommen von überall Personen her, die zunächst nichts miteinander zu tun haben, dann aber dem Schicksal entgegenblicken und ihre Rolle antreten ( Do 15.3. 19.30 Uhr, Fr 16.3. 19.30 Uhr)
Duisburger Akzente I Bis zum 16.3. I Karten: 0203 300 91 00
Mehr zum Projekt: 500 Jahre Mercator – Vom Suchen und Finden
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